Bildungsstandards für Hauptschulen: Hauptschüler werden nun doch geprüft

Die Bildungsminister wollen Hauptschüler nun doch an bundesweiten Bildungsstandards messen. Dabei dürfte sich zeigen, wie ineffizient diese Schulart ist. Bei Eltern ist sie ohnehin out.

Hier gibt es sie noch in Reinform: Schüler vor einer Hauptschule in Baden-Württemberg. Bild: dpa

BERLIN taz Die Hauptschule darf sich vorerst weiter allgemeinbildende Schule nennen: Die Vertreter der Bildungsministerien der Länder haben am Mittwochabend beschlossen, HauptschülerInnen doch nicht von bundesweiten Bildungsstandards abzukoppeln.

Alle SchülerInnen der neunten Klassen werden demnach ab dem nächsten Jahr an Bildungsstandards für die allgemeinbildende Schule gemessen. Anhand von Vergleichsarbeiten wird geprüft, ob die Schule sie nicht nur mit Wissen füttert, sondern ihnen auch die Fähigkeit vermittelt, dieses anzuwenden. Die Standards für den Hauptschulabschluss wollen die Kultusminister aber bis zu ihrer nächsten Sitzung noch einmal prüfen. Ausgenommen von Vergleichsarbeiten bleiben Förderschüler.

Wie die taz aufdeckte, hatten die Kultusminister erwogen, auch Hauptschüler bis 2012 nicht an allgemeinen Bildungsstandards zu messen. Denn gut die Hälfte von ihnen erreicht nach Warnungen von Schulforschern auf der fünfstufigen Kompetenzskala in Mathe und Englisch nicht einmal das Mindestniveau. Das heißt etwa, dass sie in Mathematik "nicht mit vertrauten Formeln und Symbolen umgehen" können.

Die Kultusminister hatten daher vorgeschlagen, die Standards "mit dem von den Schülerinnen und Schülern realistisch zu erwartenden und tatsächlich erbrachten Leistungsstand besser in Einklang zu bringen". Das heißt übersetzt: Die normalen Hürden werden beiseite geräumt und dann ganz kleine herbeigeschafft, die auch der lahmste Hauptschüler nehmen kann.

Doch sind sich die 16 Kultusminister nicht einig, ob sie die Schulform Hauptschule wirklich gemeinsam vor der Konfrontation mit der Wirklichkeit und somit vor Kritik schützen wollen. In der Sitzung der Amtschefs am Mittwoch habe sich gezeigt, dass die Meinungsbildung nicht einfach sei, hieß es aus Kreisen der Kultusminister. Eine Entscheidung, wie mit den Standards umzugehen sei, vertagten sie auf ihr Treffen am 4. Dezember.

Die Mehrheit der Eltern schickt ihre Kinder längst auf andere Schulen. Gerade mal 10 Prozent der Schüler eines Jahrgangs besuchen heute noch Hauptschulen. "Wenn die Hauptschule in andere Schulformen überführt würde, hätten die Eltern sicher nichts dagegen", meint der Vorsitzende des Bundeselternrats, Dieter Dornbusch. Dornbusch fordert statt tiefer gelegter Standards bessere Förderung: "Es ist zu früh, Kinder schon nach der vierten Klasse zu trennen und damit Karrieren vorherzubestimmen." Das Schulsystem müsse Aufstiege gewährleisten, statt Kinder vorrangig in niedere Schulformen abzuschieben.

An der Hauptschule in Reinform halten nur noch zwei Bundesländer fest: Baden-Württemberg und Bayern. Alle anderen Bundesländer haben Mischformen entwickelt. Die Vorsitzende des Bayerischen Elternverbands, Isabell Zacharias, hält die bayerischen Hauptschulen für ein Auslaufmodell: "Die Eltern glauben nicht mehr an die Hauptschule." Gerade in den Städten Bayerns sei die Hauptschule gescheitert.

Wie gut die bayerische Hauptschule ihren SchülerInnen tut, wird trotz dieser Debatte nicht verborgen bleiben: Am kommenden Dienstag wird der Pisa-Ländervergleich vorgestellt, an dem Fünfzehnjährige aller Schularten beteiligt sind - auch die HauptschülerInnen.

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