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GrundwasserverschmutzungWasserwerke haben Angst vor Erdwärme

Versorger warnen: Rohre von Wärmepumpen durchlöchern den Boden, sodass Schadstoffe ins Wasser sickern.

Könnte gefährlich werden: Das Bohren von Erdwärmesonden. Bild: dpa

FREIBURG taz Mit der Wärme aus dem Erdinnern zu heizen gilt als sehr umweltfreundlich. Doch die Technik hat auch ihre Schattenseiten: Nachdem es bislang vor allem der Stromverbrauch der Wärmepumpen war, der Anlass zur Kritik gab, hat der Freiburger Wasserversorger Badenova nun eine Warnung in die Welt geschickt, deren Dramatik neu ist: "Wärmepumpen von heute drohen die Altlasten von morgen zu werden." Mit dem "Wildwuchs" beim Bohren von Erdwärmesonden seien "erhebliche Gefahren" für die Qualität des Grundwassers und damit mittelbar des Trinkwassers verbunden.

Die Wärmepumpen holen die Hitze im Erdreich über Rohre in die Wohnung. Doch die dafür nötigen Bohrungen erhöhen auch laut Matthias Schmitt von der Arbeitsgemeinschaft Rheinwasserwerke die Gefahr für das Grundwasser drastisch. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fürchtet bereits, der Untergrund werde bald "durchlöchert sein wie ein Schweizer Käse, was dazu führt, dass Schadstoffe durch bislang undurchlässige Deckschichten ins Tiefenwasser gelangen können". Er fordert nun, dass Bohrungen gemeldet und genehmigt werden müssen.

Zwar erklärt der Bundesverband Wärmepumpe standhaft, ihm seien keine Fälle bekannt, bei denen Erdsondenbohrungen das Grundwasser schädigten, doch allein der Freiburger Wasserversorger Badenova weiß in jüngster Zeit von zwei Vorfällen zu berichten. Einmal wurde eine Quelle verschmutzt. Jetzt streiten sich die Beteiligten, ob der Auftraggeber oder die Baufirma für den Schaden haften muss. Im zweiten Fall traf eine Bohrung einen Kanal. Die Bohrfirma ließ daraufhin Flüssigbeton in den beschädigten Kanal laufen und verstopfte ihn. Geschätzter Schaden: 70.000 Euro. Auch hier herrscht Unklarheit über die Haftung.

Johann-Martin Rogg, als Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein ein profilierter Trinkwasserexperte, beklagt, dass "für die Erdwärmenutzung alle wohlbegründeten Regeln für den Grundwasserschutz außer Kraft gesetzt oder erheblich eingeschränkt werden". Bereits im Mai habe die Wasserwirtschaft darauf hingewiesen, dass die Haftung besser geregelt werden müsse, doch bisher sei nichts dergleichen geschehen. Die Politik lasse die Branche im Stich.

Unterstützung kommt auch von der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Die Erdwärmesonden hätten "ein hohes Gefährdungspotenzial gegenüber der Trinkwasserresource", sagt Susanne Hinz, Sprecherin der DVGW. Der Verband vertrete daher die Auffassung, dass "der Grundwasserschutz zur Gewährleistung einer einwandfreien Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser der Nutzung regenerativer Erdwärme vorzuziehen ist". Dies entspreche im Übrigen auch den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, die die Europäische Union beschlossen hat.

Wasserexperte Rogg verlangt ein Verbot von grundwassergefährdenden Stoffen als Wärmetauscher-Medium bei Sonden in Trinkwasserschutzgebieten. Zudem müsse eindeutig geklärt werden, dass die Bauherren für mögliche Schäden der Bohrung haften. Und schließlich sei die Frage eines Rückbaus solcher Anlagen verbindlich zu klären, für den Fall, dass dies aus Gründen des Grundwasserschutzes nötig werden sollte. Rogg wird deutlich: "Es kann nicht sein, dass wir sehenden Auges die Wärmepumpen von heute zu den Altlasten von morgen werden lassen und unklar bleibt, wer dann für die womöglich teuren Folgen aufzukommen hat."

BERNWARD JANZING

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5 Kommentare

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  • OP
    Olgemann, Peter

    Der vorliegende Artikel mag sein wie er will, eine solche WP. ist weder umweltfreundlich noch wirtschaftlich, wenn sie einzig zum Heizen bzw. zur Wärmeerzeugung im Wohnungsbau eingesetzt werden soll und sollte von der VZ nicht unkritisch beworben werden. Es gibt sinnvollere Antriebsenergien und Anwendungen für eine an sich uralte Technik. Wer es nicht glauben will, soll sich mit mir unterhalten, ich habe WP´s bei namhaften Herstellern entwickelt und über ein Jahrzehnt begleitet.

  • M
    Macom

    Peinlicher Artikel, noch dazu schlecht recherchiert. Herr Janzing macht sich zum Büttel des lokalen Gasversorgers.

    Zum "Wildwuchs": alle Bohrungen sind von den Landratsämtern oder den Geologischen Diensten zu genehmigen und werden in ein Kataster aufgenommen. Hier herrschen die gleichen Bedingungen wie bei allen anderen (Trinkwasser-)Bohrungen.

    Zu den "grundwassergefährdenden Stoffen in Trinkwasserschutzgebieten": deren Einsatz ist in allen Bundesländern sowieso verboten. Der zitierte "Wasserexperte" hat noch erheblichen Fortbildungsbedarf.

    Zu den "Schäden": was das Anbohren einer Leitung mit der Gefährdung von Trinkwasserschutzgebieten zu tun hat, bleibt allein das Geheimnis des Gasversorgers badenova.

     

    Macom

  • WP
    winfried poggenbach

    Irgendwie komisch, dass die badenova ja auch Gas verkauft. Da liegt der Gedanke ja nicht allzu fern, dass hier mal wieder Kundenverunsicherung betrieben wird, damit die Kunden weiterhin schön Gas einkaufen.

  • F
    Felix

    Die Zusammenfassung der Pressemitteilung der badennova vom 2. Oktober ist nicht neu. Dass es "Heizungsbauer" gibt, die mit ein wenig Kapital ein Bohrgerät kaufen um damit ein wenig von der steigenden Nachfrage nach erdgekoppelten Wärmepumpen, so der Fachausdruck für Wärmepumpen mit "Rohren", zu profitieren, ist leider Realität. Jedoch gibt es entgegen der angeblichen Aussage von Herrn Matthias Schmitt von der Arbeitsgemeinschaft Rheinwasserwerke gesetztliche Regelungen, die die Genehmigung oder Anzeige einer Bohrung bzw. thermischen Nutzung des Untergrunds bei den Unteren Wasserbehörden und den Bergämtern der Länder verlangen. Und mit den geltenden Leitfäden der Länder gibt es auch gute Hinweise, wie der (Grund-)Wasserschutz eingehalten werden kann. In den Genehmigungs- und Anzeigeverfahren prüfen Behörden, ob der Grundwasserschutz zur Gewährleistung einer einwandfreien Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser durch die Nutzung von Erdwärme beeinträchtigt ist.

    Dass es bei einer "neuen" Technik, ich kenne Anlagen aus den 70ern, bei vermehrter Anwendung zu Rechtsstreitigkeiten kommt, ist nichts besonders und verlangt von allen Beteiligten eine objektive Betrachtung der Tatbestände. Die beiden genannten Vorfälle in denen (Grund-)Wasserqualität massiv verändert wurde sind durch unsachgemäße Vorgehensweise (siehe badenova vom 2.10.2008) entstanden.

    Es gibt, leider noch teure, Materialen und Bohrfirmen, die gewissenhaft mit dem Untergrund und dem wertvollen Gut, Grundwasser, umgehen. Nicht erst seitdem es Erdwärmesonden gibt.

     

    Übrigens, der Bundesverband Wärmepumpe vergibt ein Gütesiegel, welches höhere Ansprüche an die Bohrer fordert als die gleichartige Zertifizierung des DVGW.

  • K
    Karl

    Einem Teil der Gesteine in Deutschland welche ein großes nutzbares Grundwasserdargebot aufweisen sind bereits in einem "kritischen" Zustand was die hydraulische Anbindung an die Erdoberfläche angeht. Dafür gibt es mehrere Ursachen:

     

    1. Es fehlen ausreichend mächtige Deckschichten die als Abschirmung wirken können.

    2. Brunnen- und Messstellenausbau werden nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen.

    3. Eine spätere Prüfung auf Veränderungen der Schadstoffausbreitung in Grundwasserleitern findet meist nicht statt.

     

    Abhängig von der Art des GWl kann das häufige Durchteufen ohne strengste Aufsicht und Auflagen sehr schnell gefährlich werden und die Wasserversorgung ganzer Regionen ruinieren(s.a Staufener Gipskeuperproblem!).

     

    Ein bedeutendes Problem das große Aufmerksamkeit verdient.

     

    Glück auf!

     

    Karl