Kommentar BND im Kosovo: Im Gestrüpp fremder Interessen

Der Kosovo beschuldigt den BND ohne Beweise vorzulegen. Jede vernünftige Regierung hätte den Fall angesichts der Hilfsleistungen aus Deutschland unter den Teppich gekehrt

Seinen in Geheimdienstkreisen nicht gerade guten Ruf hat der BND mal wieder bestätigt. Es ist zwar kaum anzunehmen, dass die drei in Pristina verhafteten BND-Agenten wirklich eine Bombe auf das EU-Quartier geworfen haben, wie ihnen vorgeworfen wird. Aber Spott allein ist nach der Entwicklung der letzten Tage nicht mehr angebracht. Vielmehr stellt sich die Frage, warum die Regierung des Kosovo ihren Vorwurf aufrecht erhält, ohne entsprechende Beweise vorzulegen.

Ein deutsches Motiv, die EU-Mission anzugreifen, ist ja nicht ersichtlich. Hätte Kosovos Präsident Thaçi dafür wirklich Beweise, wäre der Skandal perfekt, und die deutsche Außenpolitik hätte immensen Schaden davongetragen. Aber angesichts der großen personellen und finanziellen Hilfeleistung aus Deutschland kann das kleine Kosovo daran kein Interesse haben. Selbst im schlimmsten Fall hätte jede vernünftige Führung einen solchen Vorgang deshalb unter den Teppich gekehrt.

Was also steckt dahinter? Einerseits treibt die albanische Führung das Bedürfnis, nach innen und außen Stärke zu demonstrieren. Nach außen, weil der Westen um des lieben Friedens willen mit Russland der UN-Politik zu folgen scheint und die Teilung des Kosovos in serbische und albanische Zonen hinnimmt. Er übt auf die Regierung Thaçi Druck aus, ihrerseits nachzugeben. Nach innen, weil die kosovarische Regierung erst im letzten Moment und nicht schon viel früher gegen den UN-Plan aufgetreten ist. Die Unruhe in der Bevölkerung könnte der Regierung Thaçi gefährlich werden; der BND-Skandal lenkt erst einmal davon ab.

Und zweitens: Würde die Eulex-Mission bald Wirklichkeit, würde sie daran gehen, einen Rechtsstaat aufzubauen. Korruption, Vetternwirtschaft und organisierte Kriminalität würde der Kampf angesagt. Das wäre gut für das Land - doch für manchen bisher Mächtigen unangenehm. Gerade die Deutschen haben den Ruf, Saubermänner zu sein, und der BND ermittelt auch auf diesem gefährlichen Terrain. Ob dieser Zusammenhang für den aktuellen BND-Skandal wichtig ist, bleibt jedoch reine Spekulation. ERICH RATHFELDER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.