Der Rapper Bushido hat einen Klamottenladen eröffnet: Mein Shop!

Am Alex verkauft Bushido seine Modelinie: Mützen, T-Shirts, Shorts, Hemden. Das Ganze ist eine echt dicke Egoshow.

Bushido lässt sich am Alex nieder. Bild: RTR

Der riesige Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz steht vielleicht ein bisschen im Weg. Diese ganzen Glühweinbuden, Losstände und Kirmesschaukeln. Grellbunt, blinkend. Und wenn er nicht sowieso über allem stehen würde, dann wäre das hier vielleicht ein Problem. Sein Künstlername leuchtet hinter dem Vergnügungsmarktpark fast schon bescheiden über der Tür. Weißer Schriftzug. Weite Scheiben unter S-Bahn-Bogen.

Dahinter er. Schlendert im rosa Polo-Shirt über die weißen Fliesen, Handy am Ohr, Nike-Sneaker an den Füßen. Eine Boxer-Short von Calvin Klein, weite Hose. Die Haare sauber gegelt. Über ihm sein Logo. Ein riesiges, mehrfach ineinander geschwungenes B. Auch ganz in Weiß. Es hängt in den Raum hinunter. Auf zwei Fernsehbildschirmen wieder er. Dicke Kopfhörer. Studio. Sein rasierter Charakterkopf.

Im nächsten Raum noch einmal. Eine Leinwand. Er beim Konzert. Die Hand in der Luft. Sehr lässig. Ikonenhaft. Ein Tick Freiheitsstatue. Er schlendert davor vorbei, an T-Shirts, Boxer-Shorts, an den Socken. Manches liegt auf Blattgoldboxen. Hinten in der Ecke sind auch Hemden, richtig kragensteife Herrenhemden. Und Jogginghosen. Und vorne sind Caps. Und überall er. Er. Er. Er. Auch auf den Poloshirts. Seine Silhouette. Oder sein Name. Der Name seines Vaters. Ferchichi. Ein schlichter Schriftzug.

Anis Ferchichi macht ein hartes Gesicht, die Augen stechen in den Raum hinein. Er schaut in die Kameras, die ihn anblitzen. Das hier ist sein Laden. Der neue Bushido-Store. An diesem Mittwochabend ist offizielle Eröffnung. Ein roter Teppich führt ins Innere. Es gibt einen Türsteher, Sekt und Sushi. Aus den Boxen rappt er. King Bushido. Dicke Beats. Gangsta. Landei. Deine Stadt. Neukölln. Schwanz rein. Solche Sachen. Und was bitteschön ist jetzt noch mal ein Weihnachtsmarkt? Draußen verschwimmt etwas Buntes.

Bushido erklärt den Kameras, worum es geht. "Hier ist n Punkt", sagt er, "da kann man den Kontakt pflegen, zu jemandem, den man cool findet." Denn im Grunde sei es ja so: "Ich bin einer der wenigen Künstler, die heute noch cool sind." Viele sehen das ein, manche aber nicht. Etwa die Leute von MTV und Viva, mit denen er immer wieder einen derartigen Stress gehabt habe, dass er seine Videos dort nicht mehr laufen lässt. Hier wäre also ein Ort, wo auch einmal eine Videopremiere stattfinden könnte.

Mehr so zum Anfassen alles. Wie früher, als es noch kein Internet gab und nicht alles so virtuell war. Da gab es auch keine Downloads und stattdessen Plattenläden. Da wurden wesentlich mehr Platten verkauft. Bushido verkauft durchaus so einige. Das kann man alles vorne am Eingang sehen, da glänzen die Mengen-Auszeichnungen in Gold und Platin rund an der Wand. Ohne Downloads wären das aber sicher noch mehr. Vielleicht kann er den Kids hier ein Gefühl dafür vermitteln, dass es sich auch lohnt, in CDs zu investieren, sagt er. Schließlich gibt es so eine Art realen Mehrwert. Er ist immer da. In unterschiedlichster Form. Heute sogar persönlich.

Am Eingang gibt es auch eine Bar. "Wie son Jugendtreff" sei das hier, sagt Bushido. Nur müsse er seinen Jugendtreff halt selber finanzieren. Erst mal sehen, ob es sich trägt. Darauf läuft es am Ende immer hinaus. Er ist ja Geschäftsmann. Marke Bushido. Die Biografie ist seit dem Herbst raus, Bestseller; der Film folgt. Jetzt die Modelinie, produziert in der Dritten Welt, Indien etwa, aber hochpreisig. 49,90 Euro das Polo-Shirt. Quersubventionen für den Jugendtreff.

Seine Zielgruppe: eigentlich alle. Er will sich da gar nicht festlegen. Nicht mehr nur Berliner "Fäkalienrap". Er ist breit aufgestellt. So steht er auch da. Hände am Hosenbund. Vielleicht will er langfristig doch eher Richtung Weihnachtsmarkt, Richtung Herrenhemd, weg von der Baggy-Pant, hin zur ganz breiten Masse. Auch in der Mitte ankommen, oben ist er ja schon.

Er ist jedenfalls froh, sagt er, dass sein Laden von außen etwas steriler aussieht, nicht wie so eine Kifferhöhle. Am liebsten wäre ihm sogar der Kudamm gewesen statt Alex, aber da war in der Größe nichts zu haben. Da hätte er 3.000 Quadratmeter nehmen müssen. Jetzt sind es etwas über 300, schätzt er. Im Osten auch noch, aber meine Güte. Die Leute sollen jedenfalls keinen falschen Eindruck kriegen. Bei ihm wird nicht gekifft oder gesoffen. Dann geht Bushido rüber in den anderen Raum und nimmt Kontakt zum Fanvolk auf.

Einige haben bei einem Preisausschreiben gewonnen, Steven haben sie so reingelassen. Steven trägt Ferchichi. Jogginghose, Shirt, Sweater, alles eine Nummer zu groß. Gesamtwert um die 200 Euro. Er ist 16 Jahre alt. Aus Dessau angereist, morgen schulfrei. Sein Vater hat eine Kamera um den Hals hängen, mit der er Steve und Bushido fotografiert.

Auf der Kamera ist auch ein Clip gespeichert, der Steves Zimmer zeigt. Es ähnelt einrichtungsmäßig dem Store: alles voller Bushido. Steve hat eine etwas beschlagene Brille, die leicht schief sitzt, und vielleicht ist das der Grund, warum Bushidos Rapper-Kumpel Kay One ihn "den Behinderten" nennt. Er habe, sagt Kay One, "den Behinderten" da draußen stehen sehen und ihn dann einfach reingelassen. Kay One schaut sehr wohltätig dabei, noble Geste. Draußen vor dem Laden steht immer noch der Weihnachtsmarkt im Weg.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.