Multikulti vor Abschaltung: Die Luft ist noch lange nicht raus

Radio Multikulti ist tot - es lebe Radio Multikulti. An Silvester will der RBB seinen Integrationsfunk endgültig abschalten. Der war im Mutterhaus immer ein ungeliebtes Kind. Aber nicht bei den Fans: Die planen, ihn auferstehen zu lassen - als Webradio.

Totgesagte leben länger - wie viel Wahrheit in diesem Sprichwort steckt, hat Radio Multikulti von Beginn seiner Existenz an bewiesen. Zwei Tage nach der ersten Sendung im September 1994 berichtete die taz bereits, der neue Sender sei "zu schwach". Denn das Programm war wegen seiner schlechten Frequenz nicht einmal im ganzen Stadtgebiet zu empfangen. Der Spiegel kündigte in seinem ersten Text über "Europas ersten multikulturellen Radiosender" damals gleich dessen geplantes Ende nach dreijähriger Sendezeit an.

Diese Projektphase überstand Multikulti dann zwar lebend. Doch der politisch gewollte Sender blieb zeit seines Lebens ein Stiefkind des Mutterhauses SFB. Nach dessen Zusammenschluss mit dem öffentlich-rechtlichen Sender Brandenburgs (ORB) zum RBB und der gleichzeitigen Ernennung der neuen Intendatin Dagmar Reim 2003 stand die Existenz der Integrationswelle erneut auf wackligen Beinen. Nach den klaren Sparzwängen durch schrumpfende Gebühreneinnahmen in den armen Ländern Brandenburg und Berlin wurde im Mai 2008 das Schicksal von Radio Multikulti besiegelt. Obzwar durch dessen Schließung nur ein geringer Teil der einzusparenden Summe erreicht werden konnte, stimmte der Rundfunkrat den Plänen der Intendatin zu.

Von den 20 Sprachen, in denen die Welle sendet - von Albanisch über Romanes zu Vietnamesisch - werden 17 komplett aus dem berlin-brandenburgischen, teils auch ganz aus dem deutschen Medienangebot verschwinden (siehe Kästen). Nur die Sendungen in arabischer, polnischer und russischer Sprache werden von der WDR-Welle "Funkhaus Europa", deren Programm künftig auf der Multikulti-Frequenz ausgestrahlt werden soll, fortgesetzt. Die festangestellten MitarbeiterInnen der Welle haben neue Aufgaben. Auch für gut die Hälfte der 90 freien MitarbeiterInnen sei gesorgt, teilt der RBB mit.

Manche davon kann man vielleicht bald schon wieder hören. Denn wenn alles klappt, dann soll das Aus der Welle nur wenige Minuten dauern: Am 31. 12. um 22 Uhr will der RBB Radio Multikulti abschalten. Genau zehn Minuten später will ihr Freundeskreis die Welle wieder auferstehen lassen - als privat betriebenes Radio im Internet.

Zwar hat dieses neue Baby noch keinen Namen, aber schon viele Mütter und Väter, die es richtig gern haben. Neben vielen bisherigen MitarbeiterInnen von Radio Multikulti gehören dazu auch Firmen der lokalen Musik- und Kreativindustrie sowie der Freundeskreis Radiomultikulti, der sich aus treuen HörerInnen gegründet hat. Gesendet werden soll zunächst von einem Schiff aus, der Einsatz der MitarbeiterInnen ist ehrenamtlich.

Infos: www.multikulti.eu.

Spendenkonto: südost Europa Kultur e. V. Konto: 472 227 104, BLZ: 100 100 10 Postbank Berlin

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.