Portrait Camara: Guineas unbekannter Soldat

Noch glaubt niemand in Guinea, dass der neue Präsident Moussa Dadis Camara wirklich der starke Mann der Junta ist, die am Heiligen Abend die Macht in dem westafrikanischen Land übernahm.

Camara, ein Patriot ohne Interesse an Macht, Geld und Reichtum? Bild: rtr

Als Camara im Staatsrundfunk den Militärputsch verkündete, wirkte er wie der linkische Sprecher einer noch verborgenen Macht. Als er am nächsten Tag mit einer Militärparade durch die Hauptstadt Conakry zog und sich vom Volk bejubeln ließ, hieß es, Camara sei per Los zur Nummer eins geworden, nachdem sich die Putschisten untereinander nicht einig wurden.

Camaras weitere Stellungnahmen zerstreuten die Zweifel nicht. "Ich bin davon überzeugt, dass ich Präsident bin", erklärte der 44-jährige Karrieresoldat am Donnerstag gegenüber Journalisten. Er sei Patriot und habe kein Interesse an Macht, Geld und Reichtum; er werde auch nicht zur nächsten Präsidentschaftswahl Ende 2010 antreten.

Camara ist politisch noch nicht zu verorten. Er ist Christ, in einem zu 85 Prozent muslimischen Land; er kommt aus der hintersten Ecke Guineas, der "Waldregion" um Nzérékoré an der Grenze zu Liberia, traditionell außen vor bei den Rivalitäten zwischen den großen Ethnien der Mandingo und Peul des Hochlandes und dem Soussou-Volk der Küste, aus dem der verstorbene Präsident Lansana Conté stammte. Ab 1990 Berufssoldat im Militärcamp Alpha Yaya, ging er 2004 zur Fortbildung nach Deutschland und stieg danach als Chef der Benzinabteilung der Armee ins Kabinett des Verteidigungsministers auf. Kraftstoffzuteilung in Guineas Militär ist ein strategischer Posten für Korruption - und für ihre Bekämpfung.

Politisch in Erscheinung getreten ist Camara erst dieses Jahr. Er war im Mai und Juni 2008 an einer Reihe undurchsichtiger Unruhen im Militär beteiligt, in deren Verlauf sich rivalisierende Teile der Sicherheitskräfte blutige Kämpfe lieferten. Damals war sein Chef der Unterleutnant Claude Pivi Coplan, den guineische Medien wegen seiner Brutalität gern als "Idi Amin" bezeichnen. Es hieß damals, Pivis Soldaten seien von Präsident Conté beauftragt worden, unzufriedene Militärs niederzukämpfen. Sie massakrierten Polizisten und stahlen beschlagnahmte Kokainbestände aus Guineas Antidrogenbehörde.

Dass Camara jetzt sagt, er habe schon mehrfach das Land geschützt und vor allem der bisherigen First Lady Henriette Conté das Leben gerettet, spricht für seine Nähe zum bisherigen Regime. Und der gefürchtete Pivi ist jetzt auch Mitglied von Moussa Dadis Camaras Junta. Aber Camara wäre nicht der erste unbekannte Soldat in Afrika, der gerade wegen seiner Unbekanntheit als Präsident besonders langlebig ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.