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Landtagswahl in Hessen"Studiengebühren schrecken Leute ab"

Lasse Becker lehnt Studiengebühren aus Überzeugung ab. Das ist bemerkenswert, Becker ist der Chef der hessischen Jungen Liberalen. Unter Schwarz-Gelb gibt es bis 2014 keine Gebühren, verspricht er.

"Ich selbst bin aus tiefer Überzeugung dagegen und glaube, dass Studiengebühren Leute abschrecken, zu studieren." Bild: dpa
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Becker, die FDP in Hessen ist seit Dezember gegen Studiengebühren. Ist das ein Sinneswandel oder sind Gebühren für den potenziellen Juniorpartner der nächsten Regierungen derzeit einfach politisch nicht opportun?

Lasse Becker: Das Thema Studiengebühren war schon immer hart umkämpft in der FDP. Es gibt Mitglieder, die halten Gebühren für einen nachdenkenswerten Beitrag zur Finanzierung und Selbstständigkeit der Hochschulen. Andere sind mit viel Herzblut dagegen, weil sie Chancengerechtigkeit von Anfang an einfordern. Wir sind als Junge Liberale natürlich stolz darauf, dass die FDP auf unseren Antrag hin im Dezember den Beschluss gefasst hat, auf Studiengebühren in der nächsten Legislaturperiode zu verzichten. Auch weil man Studierende und Hochschulen nicht weiter verunsichern will mit immer neuen Ankündigungen, ob Gebühren nun eingeführt werden oder nicht. Jetzt gibt es erst einmal Sicherheit für die nächsten fünf Jahre.

Was haben die Jungen Liberalen plötzlich gegen Gebühren?

Wir sind schon lange dagegen, es gab bereits entsprechende Beschlüsse, als ich 1999 zu den Jungen Liberalen kam. Gut, es gibt keine riesige Mehrheit dagegen, das Thema Studiengebühren wird auch bei uns immer kontrovers diskutiert. Aber noch im letzten Jahren haben die Jungen Liberalen ihre Position gegen Gebühren bestätigt. Ich selbst bin aus tiefer Überzeugung dagegen und glaube, dass Studiengebühren Leute abschrecken, zu studieren. Und wir brauchen mehr Studierende. Vielleicht gibt es Modelle, die für einen Betriebswirt weniger abschreckend wirken, zum Beispiel nachgelagerte Gebühren. Aber ein 18-jähriger Schüler sieht das anders, der rechnet so nicht.

Haben Sie als Student an der Uni Göttingen gemerkt, dass Leute abgeschreckt wurden?

Ich hatte die Diskussion mit meinem Mitbewohner. Der studiert als Erster in seiner Familie, und zwar Medizin, und bekommt Bafög. Er sagt, mit den 500 Euro Gebühren hätte er nicht angefangen, zu studieren. Jetzt, wo er einmal dabei ist, zieht er es durch.

Trauen Sie dem möglichen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch wirklich, dass er sein Wahlversprechen einhält und in der nächsten Legislaturperiode keine Studiengebühren einführt?

Davon bin ich absolut überzeugt. Vielleicht wäre das nicht so, wenn die FDP etwas anderes beschlossen hätte, aber momentan ist keine Partei für Gebühren.

Nun hat die Regierung angekündigt, den Hochschulen 52 Millionen Euro aus dem Haushalt zu ersetzen, die ihnen durch Gebühren im nächsten Jahr fehlen werden. Ist die Gefahr nicht groß, dass FDP und CDU doch wieder Gebühren erheben lassen, sobald die Haushaltslage dramatisch wird?

Die Finanzierung der Hochschulen wird ein Problem, weil der Haushalt momentan nicht gut aussieht. Ich habe noch keinen CDUler getroffen, der versprechen konnte, dass nach 2010 nicht bei den Unis gekürzt wird, wenn der geltende Pakt zur Finanzierung ausläuft. Ich denke, dass Langzeitgebühren oder Beiträge für das Zweitstudium wieder eingeführt werden. Es hat mich sowieso gewundert, dass die SPD die gleich mit abgeschafft hatte.

Das spricht eher dafür, dass auch allgemeine Studienbeiträge wieder in Erwägung gezogen werden. Zumal Koch schon einmal angekündigt hatte, keine Gebühren einzuführen - und nach zwei Jahren doch einen Gesetzentwurf dafür präsentierte.

Nein, so klar wie jetzt hat sich Koch noch nie gegen Gebühren ausgesprochen, und die FDP würde das auch nicht mitmachen. Aber die Gefahr, dass bei den Hochschulen gekürzt wird, ist angesichts der Haushaltslage real. Da muss man als FDP für die richtigen Schwerpunkte kämpfen, und die müssen nicht nur auf Hochschulen liegen, sondern auf Bildung allgemein.

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