Kommentar Gute Nachrichten 2009: Hotzenblitze für alle!

Die Kanzlerin verschenkt ein Elektroauto an ihre Bürger - schließlich sollten die Fehler von 1989 nicht wiederholt werden, als große Teile des Begrüßungsgeldes für Pornobedarf draufgingen.

Noch im Nachhinein schüttelte es die Kanzlerin, wenn sie an die Idee von ein paar ältlichen SPD-Heißspornen mit den Geldgutscheinen dachte - und vor allem, wenn sie daran dachte, welche Industrie vor 20 Jahren am meisten von dem bescheuerten Begrüßungsgeld profitiert hatte. Man musste ja nur an den kilometerlangen Schlangen entlanglaufen, die sich um mehrere Häuserblocks wanden, um dann in Peepshows und Beate-Uhse-Shops zu münden.

In den USA gabs letzten Sommer das gleiche Phänomen, als die Bürger dort Steuern zurückbekamen. Von wegen "endlich mal ne schöne warme Kaschmir-Decke für Omis ewig kalte Füße". Direkt auf die Netzseiten der Pornoindustrie gingen die Greenbacks - und heute ist die Rente weg!

Prüderie hin, Bigotterie her - die Amis hätten vielleicht doch mehr Investmentfonds von Erotikunternehmen kaufen sollen. Warum hier nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, hatte die Kanzlerin überlegt und zwei große goldene K vor ihrem inneren Auge aufleuchten sehen: Klima und Konjunktur gehören doch in den nächsten Jahren unweigerlich zusammen. Wir schenken den Deutschen einfach wahlweise Sonnenkollektoren fürs Häuschen oder Hotzenblitze für die Mobilität. Und all denen, die aus dem Mustopf kamen, erzählte sie die Geschichte von den badischen Handwerkern aus dem Hotzenwalddorf im Schwarzwald, die schon vor 20 Jahren den "Hotzenblitz" erfanden: ein lustig schönes, praktisches Elektroauto, das aus lauter Schubladen bestand, die man in Nullkommanix vom Cabrio zum Truck umfunktionieren konnte, worauf die großen deutschen Autofirmen sehr sehr neidisch waren. Sie taten alles, um die weitere Verbreitung zu verhindern.

Ihre Lobby war erfolgreich. Noch 2008 kannten nur Eingeweihte den Hotzenblitz. Der Smart dagegen verschandelte die Straßen und Daimler dachte über Batterien für ein Elektroauto nach, das in drei Jahren auf den Markt kommen sollte. "Schluss mit der Verlogenheit!", rief die Kanzlerin und gab den Auftrag: "Hotzenblitze für alle!" - als Geschenk zum Führerschein. RENÉE ZUCKER

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