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Zukünftige StrukturZöllner fusioniert ganz fix

Der neue Schulstrukturplan von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) sieht schon für das Jahr 2010 nur noch zwei Schulformen vor. Die SPD nimmts mit Wohlwollen, die Linke zähneknirschend auf

Legt seine Überlegungen zur zukünftigen Schulstruktur Berlins vor: Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Bild: ap

Eigentlich sollte Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) schon im Dezember dem Abgeordnetenhaus seine Ideen für eine Reform der Berliner Schulstruktur vorstellen. Doch die Mühlen der Verwaltung arbeiten langsam (in ihren eigenen Worten heißt das: gründlich), und so gibt es nach der Vorstellung erster Eckpunkte im September erst jetzt einen neuen Entwurf. Den hat Zöllner am Dienstag zunächst den Fraktionen der Linkspartei und der SPD vorgestellt.

Inhaltlich hat Zöllner mit dem Konzept allerdings einiges an Geschwindigkeit zugelegt: Schon ab dem nächsten Jahr will er die bisherigen fünf Oberschularten auf zwei reduzieren. Das im Herbst vorgestellte Eckpunktepapier sah als ersten Reformschritt zunächst nur die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen vor, Zeitziel war die Umsetzung bis 2011. Die weitere Reduzierung auf nur zwei Schulformen wollte der Senator damals noch den in der nächsten Legislaturperiode Verantwortlichen überlassen.

Nun also doch mehr Tempo: Schon ab 2010 sollen nach Zöllners Vorstellung alle Oberschulformen außer den Gymnasien zu einer zusammenwachsen. Sekundarschule nennt er diese neue Schulform, die nach der sechsjährigen Grundschule Schüler zu allen möglichen Abschlüssen führt, auch zum Abitur. Nach dem zehnten Schuljahr soll es außerdem weiterhin die Möglichkeit zum Wechsel an ein berufszweigorientiertes Oberstufenzentrum geben. Für einen Teil der Schüler plant der Senator außerdem sogenanntes "duales Lernen", das praxisorientiert in Schule und Betrieben stattfinden soll.

Die SPD-Fraktion, bislang nicht immer einig über die richtige Zukunft der Berliner Schulen, habe Zöllners Vorschlag mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, so deren bildungspolitische Sprecherin Felicitas Tesch: "Es gab Fragen nach den Kosten - aber niemand hat gesagt, das Konzept sei schlecht."

Etwas weniger glücklich mit dem Entwurf sind die Linken, gar nicht mal hauptsächlich, weil das Gymnasium bleibt: "Das kriegen wir derzeit nicht anders hin", sagt Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Viel mehr ärgert ihn, dass der Bildungssenator es den neuen Sekundarschulen selbst überlassen will, wie sie die sogenannte Binnendifferenzierung gestalten: Ob sie SchülerInnen verschiedener Leistungsstufen getrennt oder gemeinsam unterrichten, je nach Fach auf unterschiedliche Kurse verteilen oder gar in verschiedene Klassen setzen, steht den Schulen frei. Von der Vorstellung der Linken von einer Gemeinschaftsschule, in der alle zusammen lernen, ist das weit entfernt. Die Gemeinschaftsschule selbst will Zöllner weiterführen - als Modellprojekt. Zu den bisherigen Projektteilnehmern sollen in einer dritten Bewerbungsrunde in diesem Jahr weitere dazukommen.

"Wir wollen nicht ein Gymnasium und daneben eine Schulform für alle, die es nicht aufs Gymnasium geschafft haben", sagt Zillich. Wenn schon ein zweigliedriges Schulsystem, dann müsse auch die Gleichwertigkeit beider Schulformen gewährt sein, fordert er: "Sonst schaffen wir die soziale Selektion nicht ab." Klar ist, dass Gymnasien künftig schlechte Schüler nicht mehr an andere Schulen "abschulen" dürfen sollen: Wer einmal drin ist, bleibt drin. Das macht eine Neuregelung der Zugangsbestimmungen für Gymnasien unumgänglich. Genaue Vorstellungen äußert der Schulsenator da aber noch nicht: Er diskutiere alles, lässt Zöllner über einen Sprecher mitteilen. Fest stehe für ihn aber: "Eine Zugangsregelung ohne Berücksichtigung des Elternwillens gibt es nicht."

Die neuen Sekundarschulen sollen in jedem Fall Ganztagsschulen werden. Zudem will Zöllner in jedem Bezirk mindestens ein Ganztagsgymnasium. Die Kosten der Schulreform schätzen Experten auf rund 100 Millionen Euro.

Zöllners Entwurf soll noch im Februar im Senat, vor der Sommerpause dann im Abgeordnetenhaus diskutiert und beschlossen werden, damit im nächsten Schuljahr mit der Umsetzung begonnen werden kann.

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