Kommentar: Potsdams Preußen all inclusive

Folgenschwere Signale aus Potsdam: Ein Parlament im Hier und Jetzt schlüpft unter den Rockzipfel der Hohenzollern.

Erst Berlin, dann Potsdam. Die Entscheidung der Brandenburger Landtagsjury hat Klarheit gebracht. Nach dem Berliner Stadtschloss soll nun auch das in Potsdam wiederentstehen. Dabei soll nicht nur die Außenfassade des 1959 gesprengten Knobelsdorff-Baus rekonstruiert werden, sondern - so denn der Platz reicht - auch der Innenhof. So weit die Gemeinsamkeiten.

Der Unterschied ist, dass das Potsdamer Preußenrollback ohne Not vollzogen wurde. Während in Berlin das Schloss schnell zur Symbolfrage über die künftige Gestaltung der Berliner Mitte - und damit der Berliner Republik - wurde, ging es in Potsdam nur um einen Landtagsneubau.

Der war nötig geworden, weil der bisherige Standort am Brauhausberg baufällig war. Doch was ist das für ein Signal? Nach der Neugründung des Landes 1990 "besetzte" der Brandenburger Landtag die einstige SED-Kreisverwaltung, im Volksmund "Kreml" genannt - Chapeau!

Nun aber geht es geradewegs in die Vergangenheit. Potsdam, das im vorigen Jahr noch versucht hat, das Toleranzedikt des Großen Kurfürsten zeitgemäß zu interpretieren, macht nun das Gegenteil: Ein Parlament im Hier und Jetzt schlüpft unter den Rockzipfel der Hohenzollern.

Das zweite folgenschwere Signal, das der Brandenburger Landtag gesetzt hat: Anders als in Berlin ist der Potsdamer Siegerentwurf nicht das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs. Die Architektur liefert vielmehr das Konsortium, das auch für Bau und Finanzierung zuständig ist. Preußen all inclusive also.

Den dollsten Beigeschmack aber hinterlässt eine Spende. Ohne Hasso Plattners 20 Millionen hätte es keine Neuausschreibung und damit auch kein Stadtschloss gegeben. Es wäre deshalb konsequent, nicht nur die Giebelfiguren wieder auf den Schlosssims zu setzen, sondern auch das Firmenlogo von SAP.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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