piwik no script img

Guantánamo-SchließungErstes Aufmucken gegen Obama

Trotz viel Lob für die Schließung Guantánamos formiert sich im Kongress erster Widerstand: Konservative fürchten, Exhäftlinge könnte Racheakte gegen die USA verüben.

Offenbar steht nicht der gesamte Kongress geschlossen hinter Obama. Bild: dpa

Erst waren es Wahlkampfversprechen, jetzt sind sie Gesetz. US-Präsident Barack Obama hält sich an sein Wort und unterschrieb am Donnerstag, Tag zwei seiner Amtszeit, den Erlass zur Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba sowie der CIA-Geheimgefängnisse im Ausland. Auch Folter, wie sie durch internationale Abkommen definiert wird, ist ab jetzt endlich verboten. Die rasche und entschiedene Abkehr von dem Kurs der Bush-Administration bescherte Obama von Afghanistan über Europa wie auch in den USA selbst großes Lob.

Doch nicht nur. Im US-Kongress hat sich bereits seit zwei Tagen der Widerstand gegen die Auflösung Guantánamos formiert. Konservative Senatoren werfen Obama vor, er könne nicht garantieren, dass in andere Länder überstellte Exhäftlinge nicht bei nächst bester Gelegenheit Racheakte gegen die USA verübten.

Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, setzte Obama zugleich eine gemeinsame Arbeitsgruppe aller Regierungsbehörden ein, die ein praktikables Modell ausarbeiten soll, wie mit den Änderungen im Kampf gegen den Terror umzugehen sei.

Die renommierte Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (Aclu) jedenfalls war von Obamas Erlass nicht überzeugt. Es gebe "Zweideutigkeiten in den Anweisungen, was die Behandlung bestimmter Gefangener angeht. Das könnte daran liegen, dass die Anweisungen so schnell erlassen wurden, oder an Zwiespältigkeiten innerhalb der Regierung Obama", sagte Aclu-Direktor Antony Romero gegenüber US-Medien. Er hoffe, dass es in Zukunft "keinen Zweifel gibt, dass Gefangene entweder beschuldigt, angeklagt und verurteilt oder aber freigelassen werden müssen".

Problematisch werden die Fälle von insgesamt 20 Guantánamo-Häftlingen, hieße es am Donnerstag. Die seien zu gefährlich, um sie freizulassen, gleichzeitig könne ihnen aber nicht der Prozess gemacht werden, entweder weil sonst Geheiminformationen enthüllt werden müssten oder weil die Beweise gegen sie mit Hilfe von Folter gesammelt wurden. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) will die Schließung Guantánamos genau beobachten. "Die Frage ist, wie es geschlossen wird und was das für die Gefangenen bedeutet", sagte Einsatzleiter Pierre Krähenbühl. Dabei dürften auch die Europäer gefragt sein, die mit Kritik an dem Lager nicht gespart haben und jetzt aufgefordert werden könnten, ihren Teil beizutragen.

Um in Zukunft wieder vernünftig in die Regionen hineinwirken zu können, die zu Quellgebieten des Terrors wurden, ernannnte Obama am Donnerstag zudem zwei erfahrene Sondergesandte, die gemeinsam mit der neuen US-Außenministerin die ebenfalls am Donnerstag angekündigte neue diplomatische Offensive gestalten sollen. So soll der erfahrene Irland-Unterhändler George Mitchell einen neuen Anlauf zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts nehmen. Der im Bosnienkrieg erprobte Diplomat Richard Holbrooke soll versuchen, Lösungen für Afghanistan und Pakistan zu finden.

In einer Botschaft an die Nato in Brüssel sprach sich Obama wie erwartet für eine stärkere Rolle der Nato in Afghanistan aus. Eines der Wahlversprechen Obamas war gewesen, dass er die durch den Rückzug aus dem Irak frei werdenden US-Truppen nach Afghanistan schicken werde, um dort das US-Kontingent aufzustocken und das Wiedererstarken der Taliban entschiedener zu bekämpfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • D
    Domas

    Die Kommentatoren scheinen schlauer als die TAZ zu sein. Sie wissen, dass die Informationen gestreut sind. Warum recherchiert die TAZ nicht? Will sie nicht? Oder will sie streuen?

  • W
    wangari

    O my goodness, stupid and unhonest hpocriticals (some so called "republicans").

     

    There live even nazis, racists etc. in the US, seeing the Supreme Court as sth. like a "jewish-communist (masonic) lodge". What about this danger? And what about organisations like Scientology, a "religion" who is not very conform with democratic convictions - and many others.

  • PM
    Pas Materski

    Die amis sagen die entlassenen hätten schon wieder zur waffe gegrifffen.

     

    Dazu gibt es pseudoquellen und es ist aufgezogen wie ein gerücht das conservative gern streuen und verbreiten.

    einer soll aus arabien nach jemen gereist sein und sich wieder angeschlossen haben.

    so oder so die amis haben ziemlich gepfuscht und unter dieser tatsache alliieren sich die conservativen wieder.

  • N
    Nolo

    Wenn diese 20 Insassen wirklich so gefährlich sind, dass sie unbedingt inhaftiert bleiben müssen, dann müssen dafür Beweise auf den Tisch. Die US-Behörden müssen sich dann entscheiden, was wichtiger ist: Informationen oder Menschen.

  • V
    vic

    Beweise die mit Folter erpresst wurden, sind wertlos. Das sollte auch in den USA so sein. Und wer gefährlich ist, entscheidet wer? Der Volkszorn nach Tagesform?

    Außerdem kann auch niemand garantieren, dass sich jeder US Bürger in Zukunft friedlich seinen Landsleuten gegenüber verhält.

  • J
    Johannes

    Das ist doch irgendwie eine verdrehte Denkweise. Erst sperrt man Menschen über Jahre unter unwürdigen Bedingungen ein und wenn dann endlich der Zeitpunkt kommt dem ganzen ein Ende zu setzen, fällt der Opposition nichts anderes ein als aufzuschreien, dass diese Menschen, wenn schon unschuldig festgenommen, doch während der Haft zu Terroristen geworden sein könnten, also durch eigenes Verschulden der Bush- Administration. Diese Logik erinnert mich irgendwie bitter an die US- Politik der letzten acht Jahre.