Gedenken an Bombenangriffe: Dresden erwehrt sich Nazi-Aufmarschs

Bis zu 6.000 Rechtsextremisten könnten am morgigen Samstag in Dresden aufmarschieren. Die Gegenseite kontert und erwartet auf ihrer Veranstaltung mehr als doppelt so viele Menschen.

Auch dieses Jahr werden verschiedene Gruppen gegen den Neonazi-Aufmarsch protestieren. Bild: ap

Der 13. Februar ist für die Dresdner Bürgerinnen und Bürger wahrlich kein Freudentag. Der Tag erinnert an die Bombennacht von 1945, als britische und US-amerikanische Flugzeuge aus Vergeltung für die Angriffe der Deutschen auf das britische Coventry fast die komplette Dresdner Innenstadt zerstörten. Seit einigen Jahren instrumentalisieren Neonazis und andere Rechtsextremisten diesen Tag für ihre nationalistischeund revisionistische Propaganda und belästigen die Stadt mit einem "Trauermarsch", der von Jahr zu Jahr zu wachsen scheint.

In diesem Jahr könnte dieser Aufmarsch besonders gespenstisch werden. Beobachter befürchten, dass am Samstag bis zu 6.000 Rechtsextremisten in der sächsischen Elbmetropole aufmarschieren werden. Es wäre europaweit die größte Versammlung der rechten Szene. Und auch für den Fackelmarsch am Abend zuvor rechnen die Sicherheitsbehörden mit mehreren tausend Neonazis.

"Für Dresden und die Symbolik der Stadt ist das eine Katastrophe", sagte die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, eine der Initiatoren, die am Samstag unter dem Motto "Geh Denken" gegen den Aufmarsch demonstrieren wollen. Dieses Treffen der Neonazis sei inzwischen "einzigartig", da nicht nur Angehörige aus dem rechtsextremen Spektrum, sondern auch moderatere rechte Gruppen sich an dem Aufmarsch beteiligen. Neben Kameradschaften und Vertretern der NPD würden auch Burschenschaftler teilnehmen sowie Rechtsextremisten aus Ost- und Westeuropa.

Auch der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Reinhard Boos, glaubt, der Aufmarsch habe eine zentrale Bedeutung für die Neonazis: "Sollte es der rechtsextremistischen Szene gelingen, wieder mehrere tausend Teilnehmer zu mobilisieren, so wird dies das Bild der inneren und äußeren Geschlossenheit der Szene erheblich fördern", sagte der Verfassungsschutzchef. Angesichts der inneren Zerstrittenheit dürfte ihr das momentan sehr recht sein. Boos geht davon aus, dass die von der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" organisierten Aufmärsche nur mit der Unterstützung vor allem der NPD möglich sind. Boos rechnet zudem mit einem Schwarzen Block der sogenannten Autonomen Nationalisten. Sie gelten als besonders gewaltbereit.

Aber auch die Vorbereitungen auf der Gegenseite laufen auf Hochtouren. Während sich die Polizei ihrerseits mit rund 6.000 Einsatzkräften auf einen Großeinsatz vorbereitet, will das zivilgesellschaftliche Bündnis "Geh Denken" bis zu 15.000 DemonstrantInnen aus dem gesamten Bundesgebiet auf die Straßen der sächsischen Hauptstadt bringen. Es seien 50 Busse angemeldet, sagte der Dresdner DGB-Regionsvorsitzende, Ralf Hron. Auch aus Tschechien, der Ukraine, Russland, den Niederlanden und Polen hätten sich DemonstrantInnen angekündigt.

Bisher sind gegen den Aufmarsch drei Demonstrationszüge geplant, die in einem Sternmarsch in Richtung Innenstadt ziehen. Während die Dresdner Stadtregierung beim Aufmarsch der Neonazis keinerlei rechtliche Handhabung sieht, hat sie eine Demo des Antifabündnisses "No Pasarán" mit dem Hauptbahnhof als Auftaktort verboten. Der Hauptbahnhof soll den Neonazis als Sammlungspunkt vorbehalten bleiben. Nachdem auch das Verwaltungsgericht das Verbot am vergangenen Mittwoch bestätigt hat, will das Bündnis nun vor das Oberverwaltungsgericht ziehen. "Wir sind nicht nur moralisch, sondern auch juristisch im Recht", ist sich Antifa-Sprecher Jonas Timmermann sicher.

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