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Kommentar gefeuerte Kaisers-KassiererinDas Urteil ist eine Farce

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Das Arbeitsgericht hat im Fall Emmely die Chance verpasst, eine Rechtslage weniger kleinkariert und gemäß dem gesunden Menschenverstand auszulegen.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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25 Kommentare

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  • WD
    Walter Drews

    Die Moral der Bänker

    Diesen Samstag in Frankfurt. Ein Seminar über die Finanzkrise im Bankenviertel. Kurz vor Beginn eine Diskussion unter Kollegen über den Tengelmann-Fall. Sofort ist klar, fast jeder der anwesenden würde die Kassiererin auch sofort entlassen. Diebstahl! Die Sache ist doch völlig klar. So etwas kann man nicht dulden. Das rechtfertigt die fristlose Kündigung auch nach 30 Jahren treuer Dienste.

    Einer blättert die Unterlagen durch. Darin liegen excellente Farbkopien der kompletten Spiegel-Titel-Story über die Finanzkrise: "Wann ist der Staat eigentlich pleite?" Der ganze 12 Seiten Artikel, ca. 30 mal an alle Anwesenden kopiert.

    Ich sage: Ist das nicht auch Diebstahl? In mindestens 30 Fällen? Aus Sicht des Arbeitgebers ist es juristisch sogar Untreue eines leitenden Angestellten, weil dieser einen Diebstahl begeht. Muß man diesen Mann jetzt nicht auch entlassen? Schließlich sollte es jedem Akademiker bekannt sein was Urheberrecht ist. Schweigen. Schließlich: "Aber nein! Das hier ist was anderes..." So weit geht die Moral hier nicht. Schließlich macht das jeder. Und überhaupt! Besserverdiener urteilen über hier über Geringverdiener.

  • F
    feiger

    Komische Rechtsauffassung des Gerichts. Die Beklagte hat gerade keinen vollen Anspruch auf den Kaufpreis. Den Anspruch aus dem "Schuldschein" Bon hat der Kunde. Dieser Rechtsfehler des Gerichts dürfte auch bei einer Revision angreifbar sein.

     

    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/lym/bs/10/page/sammlung.psml;jsessionid=01F0309B82C26273546D32A6C3DC4DAC.jpf5?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KARE600023497&doc.part=L&doc.price=0.0#rd_28

    "Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe keinen Vermögensschaden erlitten, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hatte den vollen Kaufpreisanspruch, auf den sie in Höhe der vorgetäuschten Gegenforderung verzichtet hat. Aus diesem Grund liegt ein Vermögensschaden in Höhe der geringeren Einnahme in Erfüllung des Kaufpreisanspruchs vor."

  • M
    Martha

    Ich bin erst im 2. Semester. Aber gehört der gefundene Pfandbon überhaupt Kaisers?

    Er wurden nicht eingelöst, also hat ihn ein Kunde womöglich verloren.

    Das bedeutet Kaisers kann der Bon gar nicht gestohlen worden sein!

    kaisers hat doch die Flaschen bereits im Besitz, wurde sich also ungerechtfertigt bereichern wenn sie den Bon einlösen und das Geld als Einnahme verbuchen würden.

  • T
    Tom

    Zunächst einmal muss doch geklärt werden, woher kamen diese Pfandbons? Ich finde der Frage wird viel zu wenig Nachgegangen. Es klingt einfach so als Vorwand, bzw. "man hat was gesucht und gefunden". Wenn diese wirklich von einem Kunden verloren oder sogar weggeworfen wurden, dann ist es doch nicht weiter tragisch, wenn diese dann vom Finder eingelöst werden. Oder was soll er damit dann machen??? Wenn sie nicht eingelöst bzw. ausbezahlt werden dann hat doch der Supermarkt einen Mehrbestand in der Kasse und "unterschlägt" somit das Pfand, welches er aber doch ausbezahlen muss. Oder???

    Und da ist es doch unerheblich, ob der Pfandbon, der ja computergesteuert mit Strichcode vom Pfandautomaten erstellt wurde, also korrekt ist, nun von einer Kassiererin oder einem Kunden einglöst wird. Ich finde, darüber sollte doch auch mal nachdedacht werden.

  • RC
    Rechtsanwalt Carsten R. Hoenig

    Das Urteil der ersten Instanz ist in voller Länge hier http://tinyurl.com/cd7o3y zu lesen. Und zwar bereits zu einer Zeit, in der Herr ULRICH SCHULTE begonnen hat, seinen Kommentar zu schreiben.

     

    Natürlich ist es mühsam, sich durch solche Bleiwüsten zu arbeiten. Aber gewissenhafte Recherchen gehören nun mal zu einem guten Journalismus.

     

    Schade, Herr Schulte. Das war nicht gut!

  • AL
    Anna Lühse

    Es besteht überhaupt kein Anlaß, sich über das Urteil des LAG Berlin aufzuregen. Aus dem Urteil der Vorinstanz kann der beurteilte Sachverhalt entnommen werden. Daraus ergibt sich dann, dass die Arbeitnehmerin Pfandbons, die ihr nicht gehören konnten, eingelöst und damit den Preis eines Mitarbeitereinkaufs reduziert hat. Selbst wenn die Bons der Arbeitnehmerin untergeschoben worden wären, hätte niemand die Frau veranlassen können, diese Bons einzulösen.

     

    Gerade die lange Dauer des Arbeitsverhältnisses mus sich die Mitarbeiterin hier auch entgegen halten lassen. Sie musste nämlich gerade deshalb wissen, dass die Bons, welche entgegen einer betrieblichen Regelung nicht von dem Filialleiter abgezeichnet waren, nicht von ihr eingelöst werden durften.

     

    Es geht hier nicht um die Frage, ob die 1,30 EUR den Arbeitgeber geschädigt haben oder nicht, sondern um den Verlust des Vertrauens in die Redlichkeit einer Kassiererin.

     

    Wenn man sich den Kommentar von Ulrich Schulte durchliest und auch den überwiegenden Teil der Anmerkungen hier, habe ich den Eindruck, der zu beurteilende Sachverhalt war gar nicht bekannt. Bevor aber ein Urteil leichtfertig eine Farce genannt wird, sollte man sich aus den zugänglichen Quellen informieren.

     

    Kritisch würde ich vielmehr das Auftreten und die Argumentation des Anwalts der Arbeitnehmerin beurteilen. Wer ernstlich vorträgt, geringwertige Einkommensdelikte könnten niemals eine fristlose Kündigung rechtfertigen, setzt alle Chancen des Mnadanten aufs Spiel. Wäre hier nicht auf die große Pauke gehauen und die Öffentlichkeit gegen einen vermeintlichen Skandal mobilisiert worden, hätte vielleicht die Möglichkeit bestanden, im Stillen eine Einigung mit dem Arbeitgeber zu erzielen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Einer solchen Lösung konnte der Arbeitgeber aber natürlich nicht mehr zustimmen, nachdem er moralisch an die Wand gedrückt wurde bzw. werden sollte.

  • AW
    André W.

    Dieser Kommentar ist in seiner Unausgewogenheit unnötig. Vor allem, weil er Fakten unterschlägt: Das Arbeitsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Fällen genau wegen der Geringfügigkeit, die hier nämlich tatsächlich gegeben ist, zu Gunsten der Arbeitnehmer entschieden wurde. Im vorliegenden Fall konnte das u.a. deswegen nicht geschehen, weil im Prozessverlauf deutlich wurde, dass die Arbeitnehmerin immer wieder Falschangaben gemacht hat. Zitat Pressemitteilung Landesarbeitsgericht Berlin: »Der Vertrauensverlust sei im zu entscheidenden Fall noch nachhaltiger gewesen, weil die Klägerin im Rahmen der Befragungen durch den Arbeitgeber immer wieder falsche Angaben gemacht habe, die sie dann, als sie vom Arbeitgeber widerlegt waren, einfach fallengelassen hat. So habe sie beispielsweise ohne Grund und Rechtfertigung eine Kollegin belastet, die nichts mit der Sache zu tun gehabt hatte.«

     

    Wer hier dem Arbeitsgericht Parteilichkeit vorwirft, nur weil es zu Gunsten des Arbeitgebers entschieden hat, liegt leider völlig falsch. Ganz unberührt bleibt die Frage, wieso jemand bei einem Arbeitgeber arbeiten will, der einem nicht vertraut. Es wird ja auch erwähnt, dass die Frau schlecht verdient habe. Da müsste man fast sagen, dass sie froh sein soll endlich aus diesem Unternehmen raus zu sein. Aber so sucht man sich aus einer bequem-reaktionären linken Position heraus immer die Argumente wie man sie braucht und verdreht sie bis zur Unkenntlichkeit: wer die Guten und wer die Bösen sind, ist schon von vornherein klar. Selbst vor der Denunziation demokratischer Gerichte macht man da nicht halt. Fragt sich dann schon, wovor man mehr Angst haben muss.

  • AN
    Andrea Niemiec

    Kein Zweifel Diebstahl gehört bestraft. Genauso unzweifelhaft ist der Begriff der Verhältnismässigkeit. Es ist schlichtweg lebensfremd formal auf die punktgenaue Einhaltung von Regeln zu pochen.

    Gänzlich unverständlich wird das Urteil jedoch, wenn man folgende aktuelle Nachricht der Stuttgarter Zeitung vom 24.02.09 liest:

    Der ehemalige Chef der Freiburger Unfallchirugie wird mit einer Abfindung von 1,98 Millionen Euro plus(!!) einer Lohnfortzahlung von 500.000 Euro entlassen. Dieser Handel kam zustande, weil der Arzt wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung rechtskräftig verurteilt wurde, das Stuttgarter Wissenschaftsministerium eine andere Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für möglich hielt.

    Messen die Arbeitsgerichte mit zweierlei Maß? Hier der Mundraub der die fristlose Entlassung rechtfertigt, dort die vorsätzliche und fahrlässige Körperverletzung, die am Ende mit einem Milionengewinn belohnt wird.

  • SR
    Sigrid Rettig

    ...und spaßeshalber mal nicht mehr bei Kaiser und Consorten einkaufen?...

  • SN
    Siegfried Nagel

    Im Arbeitsrecht gilt der begründete Verdacht als Kündigungsgrund. Laut Aussage Barbara Emmes hat sie die Bons nicht entwendet. Ergo müßte man sie ihr untergeschoben haben. Hier steht doch ihre Vorgesetzte im Verdacht, die die anderen Bons abgezeichnet hat. Dabei wäre es leicht möglich gewesen, die hinterlegten Bons aus dem Büro beizumischen. Motive gäbe es sicher auch genügend. In Zeiten der Krise geht ja auch die Solidarität der Beschäftigten den Bach runter. Und Liebkind wird halt später freigesetzt. Emmes Anwalt Hopmann müßte Strafanzeige gegen Unbekannt stellen, die Staatsanwaltschaft müßte ermitteln. In diesem Fall würde allerdings im Zweifelsfall für die Vorgesetzte die Unschuldsvermutung gelten, weil hier das Strafrecht und nicht das Arbeitsrecht gelten würde. Deshalb ist Hopmann diesen Weg wohl nicht gegangen. Aber es wäre doch eigentlich ganz einfach: Barbara E. kündigt ihrerseits Kaiser's, weil ihr Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber gestört ist und hat Anspruch auf Neueinstellung überall... Nicht? Ja, weil wir im Grundgesetz den Anspruch auf Arbeit nicht festgeschrieben haben, den es in unserer Sozialen Marktwirtschaft nicht geben kann. Alles klar: Das gestörte Vertrauen kann leider nur einseitig ausgesprochen werden. Der Tenor der meisten Leserbriefe in dieser Sache zeigt: Die empfundene Gerechtigkeit hat mit der legalen nur noch wenig gemein.

  • GF
    georg fischer

    Dieses Urteil ist ein Skandal. Wer soll da noch an rechtsstaatliche Verfahren und unabhängige Richter glauben?

  • D
    Denninger

    Das hat der Ulli Schulte aber fein geschrieben! So richtig fürs Herz und gegen die bösen Feinde des kleinen Mannes auf der Strasse, hier die doofen RichterInnen (SCNR).

    Die "Tradition" der Rechtsprechung im deutschen Arbeitsrecht ist, vorsichtig ausgedrückt, arbeitnehmerfreundlich. Sowohl Gesetzgeber als auch Justiz erkennen die schwächere Position des Arbeitnehmers und schützen seine Interessen. Wer das anders sieht sollte sich einmal das Arbeitsrecht anderer Länder, z.B. der Schweiz ansehen.

    Was als "irrwitzige Härte" und "kleinkariert" bezeichnet wird ist auch im Strafgesetz

    (§ 248a StGB Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen) geregelt, also ein Straftatbestand.

    Ach ja, der "gesunde Menschenverstand" wird auch gefordert! OK, der Ulli Schulte und der blöde Hilfstrainer Maier zapfen Bier beim Sommerfest des Sportvereins und kassieren auch ab. Und weil der Maier gerade noch einen Euro für die Zigaretten braucht nimmt er den aus der Kasse. Ha, denkt der Ulli Schulte, jetzt hab' ich dich an den E...! Und geht beim Vorstand petzen, denn den Maier wollte er schon immer loshaben. Tja, "gesunder Menschenverstand", was macht Du nun?

    Mag der Vorstand den Maier, so wird er wohl bleiben dürfen; Mag er ihn nicht, so wird er wohl gehen müssen. Das Urteil ist kein Skandal, sondern berücksichtigt eben auch die Interessen des Arbeitgebers.

    Also, Ulli, in der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Gesinnungsurteile, bei welchen primär nach dem Motiv und erst sekundär nach der Tat geurteilt wird.

    Dass der Arbeitgeber sicherlich auch andere Motive für die Kündigung hatte sagt uns der "gesunde Menschenverstand". Die Justiz hat jedoch nicht das Recht, ihm das Recht auf Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund bei Vorliegen eines wichtigem Grundes (und das ist Unterschlagung) abzusprechen mit dem Argument, er habe andere, nicht kündigungsrelevante Gründe für die Entfernung des Mitarbeiters.

    Betriebsräte und Gewerkschafter wissen, dass sie bei vielen Arbeitgebern auf der Hut sein müssen und die Weste immer sauber bleiben muss. So gesehen hat Frau E. nur den Fehler gemacht, sich erwischen zu lassen.

    Urteile des Arbeitsgerichts sind nie "aus dem Bauch heraus" gesprochen, da hier immer das Interesse des Arbeitgebers und das des Arbeitnehmers kollidieren. Hier bei subjektiv falschen Urteilen von "kleinkariert" und "Skandal" zu sprechen trifft das Problem nicht.

    Bitte, bitte jetzt nicht böse auf mich sein, Ulli, ich finde es auch ungerecht was die doofen Tengelmänner da mit der armen Frau E. abziehen. Aber das ist nicht der Justiz oder dem Gesetzgeber anzulasten.

    Sieh es doch einmal so:

    Eine Kuratorin (sic!) bewirbt sich als Thekenmaus am "Infopoint" eines Kulturbetriebes und wird abgelehnt. Auf Rückfrage nach den Gründen erklärt ihr eine Mitarbeiterin des Betriebes, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, es sei die fehlende "Muttersprache Deutsch".

    Dieser unnötige Fauxpas der Mitarbeiterin kostet den Betrieb drei Monatsentgelte und die Gerichts- und eigenen Prozesskosten und bringt ihm darüber hinaus den Vorwurf ein, rassistisch, ausländerfeindlich und diskriminierend zu sein. Und das alles nur, weil eine Mitarbeiterin nicht kompetent im Arbeitsrecht (hier AGG) war. Ist das gerecht?

    Oder sollte das AGG nicht besser die Unternehmen drankriegen, die formal rechtskonform agieren aber in der Praxis eine rassistische, xenophobe und sexistische Mitarbeiterpolitik betreiben. Ja, schon, aber das kann es eben gerade nicht, weil die Personalverantwortlichen dieser Unternehmen wissen, wie sie sich juristisch korrekt verhalten müssen. Es trifft also nur die, welche sich "hereinlegen" lassen. Genau so wie im Fall der Frau E.

  • A
    Amos

    Dieses Urteil setzt einen Heiligenschein der Justiz

    voraus. Glaube aber nicht, das gerade die Justiz

    damit aufwarten kann. Schon wieder ein Grund mehr,

    sich von diesem System abzuwenden.

  • IN
    Ihr Name Lyla

    Wie sieht es mit dem Vertrauen gegenüber den Unternehmern aus? Sie bespitzeln ungestraft ihre Mitarbeiter, betrachten sie als billige, wertlose und beliebig austauschbare Massenware, deren Existenz völlig wertlos ist.

     

    Das zeugt von menschenverachtender Arroganz und ist das Ergebnis der Politik, die die Weichen hierzu gestellt hat und nun auch noch das Recht nach chinesischem Vorbild verbiegt.

     

    Was sagt denn Amnesty International dazu?

    Äh,bin ich hier richtig in der Bananenrepublik Deutschland?

  • S
    S.Vowe

    Das Urteil belegt, dass die Arbeitgeber in unserem Lande sich anscheinend jederzeit von unbequemen Mitarbeitern auf diese Art und Weise trennen kann. Es muss also nicht verwundern, dass gerade im Dienstleistungssektor die Rechte der Beschäftigten mit Füßen getreten werden. Wer aufmuckt - dem wird was untergeschoben. Wenn er noch die Kraft und die Nerven dazu hat sich zu wehren, nützt ihm dies auch nichts mehr. Die Gerichte entscheiden nach geltendem Recht.Hier ist meiner Meinung nach eindeutig der Gesetzgeber gefordert in Zukunft dafür zu sorgen, den abhängig Beschäftigten Sicherheit gegen Arbeitgeberwillkür zu gewährleisten. Arbeitgeber wie Kaisers-Tengelmann werden auch in Zukunft langjährige Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit und Hartz IV schicken können und die freigewordene Stelle mit 3 geringfügig Beschäftigten auf 400 €-Basis neu besetzen. Die sind flexibler einsetzbar und natürlich auch kostenneutraler als eine Kassiererin, die einen höheren Tariflohn plus Kassenzulage erhält. Selbst wenn ein Unternehmen sich von einer Mitarbeiterin im Rahmen eines ordentlichen Vergleichs trennen wollte - warum sollte es dies nach diesem Urteil anstreben: Einfach dem Arbeitnehmer was unterjubeln - und eine Abfindung wird eingespart. Mit dem Geld kann dann z. Bsp. wieder eine Detektei beauftragt werden, die eigenen Mitarbeiter rechtswidrig zu bespitzeln. Unbequeme Mitarbeiter unter Druck zu setzen hat bei Kaisers Tengelmann aber anscheinend eine lange Tradition. Diese Erfahrung durfte ich vor 20 Jahren in diesem Unternehmen auch schon machen als ein Mitglied des Betriebsrates dieses Unternehmens. Auch damals wurden schon unliebsame Mitarbeiter von Vorgesetzten so lange unter Druck gesetzt, bis viele von sich aus das Arbeitsverhältnis beendeten, da sie dem Druck nicht mehr standhielten. Die Beschäftigten dort können ein nach diesem Urteil nur noch leid tun - sie sind auf dem Wohlwollen ihrer Vorgesetzten faktisch schutzlos ausgeliefert. Man sollte übrigens auch mal diesem Unternehmen die Frage stellen, inwieweit unbezahlte Arbeitszeit von den Arbeitnehmern abgeleistet werden? Auch das ist Betrug, aber wie soll sich die kleine Kassiererin denn dagegen wehren nach dieser Rechtssprechung? Es darf nun auch nicht verwundern, dass in vielen Bereichen des Dienstleistungssektor nur noch Hungerlöhne bezahlt werden - die Gewerkschaften haben ja faktisch keine Möglichkeit mehr, in diesen Betrieben Betriebsräte zu installieren und zu unterstützen. Die Beschäftigten werden doch nicht ihren Job riskieren wollen - in dem sie sich hinstellen um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Der Pfandbon steckt dann vielleicht schon in der Kitteltasche.

    Den Verantwortlichen bei Kaisers-Tengelmann jedenfalls wünsche ich für die Zukunft mit ihren nun neu zugesprochenen Rechten sorgfältig umzugehen und ihr Unternehmens nicht weiter in der Öffentlichkeit negativ darzustellen.

    Den Mitarbeitern in diesem Unternehmen - aber sehr wohl auch in allen anderen der Dienstleistungsbranche wünsche ich, dass ihre Vorgesetzten dieses miese Spiel nicht mitmachen.

    Unseren Politikern wünsche ich, dass sie an diese Kassiererin denken, wenn sie - natürlich aus Versehen - einen Kugelschreiber für 1,30 € aus ihrem Büro mit nach Hause genommen haben.

    Der Kassiererin wünsche ich einen neuen Job, wo ihre Arbeit geschätzt wird und sie immer fair von ihrem Arbeitgeber behandelt wird.

    Diese Frau ist eigentlich nur zu bewundern, dass sie sich nicht weichkochen lässt. Es sollte mehr von dieser Spezies in unserem Lande geben - dann wäre diese Posse wohl unmöglich.

  • J
    jdshfgs

    Wahrlich, ein trauriges Urteil wurde hier gefällt.

    Sehr schön geschriebener Kommentar.

     

    Mfg

  • A
    Anwalt

    Der Autor des Kommentars hat offensichtlich das Urteil nicht gelesen.

    Es geht nicht um 1,30 Euro, die in ihrer Kasse fehlten. Es geht darum, dass sie Pfandbons aus dem Büro nahm und sich selbst den Betrag auszahlte. Ab welchen Betrag soll sich der Arbeitgeber das denn gefallen lassen. Er kann die Mitarbeiterin schließlich nicht ständig überwachen. Vor allem aber hat die Mitarbeiterin nach der Aufdeckung konkret andere Mitarbeiter beschuldigt. Das ist doch der eigentliche Vorwurf. Das Abstreiten wäre ja noch zu rechtfertigen gewesen, aber doch nicht die Bezichtigung von Kollegen. Mit solchen "verdienten" Leuten wollte ich nicht zusammen arbeiten. Der Kommentator etwa?

  • VM
    Veits M.

    Ich unterstütze den Ansatz der Kommentators.

    Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Und es stand in diesem Fall auf einer Säule von 30 Jahren Mitarbeit, von gegenseitigem Vertrauen. Insoweit wiegt daher das "Gewicht" von 1.30 Euro für die beiden Bons - unabhängig von den Umständen - objektiv nicht schwer. Deren isolierte Betrachtung erscheint unverhältnismäßig und lässt ein mutloses, nicht abwägendes Gericht zurück.

     

    Die Klägerin verdient alle Unterstützung und braucht einen langen Atem, die rechtliche Bedeutung des 30-jährigen Bestands ihres Arbeitsverhältnisse bei den OBERGERICHTEN deutlich zu machen.

  • AD
    Axel Dörken

    Vertrauen. Richter. Wer dem Urteil von Richtern vertraut...

     

    Die Geldanleger, die ihren Banken vertraut haben...

    Die Banker, die ihren Vorgesetzten vertraut haben...

     

    Werden nun auch die Banker entlassen, die als Broker und vielleicht sogar in Hedgefonds ihr Bestes gaben und damit die Verluste erzielt haben?

     

    Ich erlebe hier keine Diskussion um Konsequenzen. Vertrauensverlust der Kunden gegenüber den Banken? Ja.

     

    Vertrauensverlust der Banker gegenüber des Systems? Nein.

     

    Weiter so. Wir erleben, was wir davon haben. Ich komme gut damit zu Recht. Du auch?

     

    Liebe Grüße

    Axel

  • JK
    Juergen K.

    "An jedem Tag die Welt ein kleines Stückchen besser machen – das gilt besonders für diejenigen, die durch Leistung Erfolge erzielt und Wohlstand erreicht haben." ( Zitat Webseite Tengelmann )

     

    Den Wohlstand haben die Konzerninhaber bei 20 MRD Umsatz sicher erreicht.

     

    Laut WebSeite (www.tengelmann.de) gehören auch Plus und KiK zum Konzern.

     

    KIK ist doch seit gestern auch bekannt:

     

    (Quelle : http://www.derwesten.de/nachrichten/wr/2009/2/24/news-112624511/detail.html)

     

    Laut dem Urteil des Sozialgerichtes Dortmund muss eine Arbeitslose, die eine Stelle bei Kik angeboten bekam und ablehnte, keine Kürzung der Sozialleistung befürchten, da das Stellenangebot bei Kik mit 4,50 Euro Stundenlohn SITTENWIDRIG ist bzw. war.

     

    Die Kombination "Kik" und "Dumpinglöhne" findet im Übrigen reichlich Suchergebnisse; inclusive solcher mit Urteil.

     

    "An jedem Tag die Welt etwas besser machen" .....

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Die Mehrzahl der Juristen steht immer noch für kleinkariertes, reaktionäres Korintenkackertum. Mut beweisen viele insbesondere dann, wenn darum geht, zielgerecht nach unten zu treten. Der Mut verlässt sie systematisch dann, wenn so genannte "Leistungsträger" des politischen Apparates oder der herrschenden ökonomischen Kaste in schlimmste Verbrechen involviert sind.

  • J
    Johannes

    In der Tat: Man hätte mit einem einzigen fairen, aber ernsten Gespräch die Frau bereits so in Angst und Schrecken versetzt, dass sie ohnehin sich kaum weiter zu rühren gewagt hätte. Hätte sie nicht Automaten, sondern Menschen gegenüber gesessen, wäre das passiert, was eigentlich bei einer Verunsicherung über das entgegengebrachte Vertrauen bei verdienten MitarbeiterInnen richtig gewesen wäre. Man hätte ihr einerseits klar gemacht, dass sie beim geringsten Verstoß eben keine Chance mehr bekommen hätte, und andererseits demonstriert, dass man ihre Arbeit und den MENSCHEN, den man beschäftigt, würdigt. Man hätte sich dazu aber die Blöße geben müssen, zu sagen, dass man verunsichert ist und eine Klärung wünscht. Mit Vertrauen hat das Ganze sowieso nichts zu tun: Vertrauen würde bedeuten, dass man den anderen ernst nimmt. Das Vertrauen, das hier implizit gemeint ist, ist das Vertrauen darauf, dass man die totale Macht über seine "Untergebenen" hat. Eine derartige Störung erschüttert so gestrickte Menschen wie die Vorgesetzten natürlich zutiefst. Das würde auch die brutale Reaktion erklären, die man ja erst mal fertig bringen muss als Mensch.

    Wenn das Vertrauen in die eigene Macht gestört ist, muss man das Maschinenteil ersetzen, das Frau E. wie alle anderen wohl sein soll.

    Aber eine normale Lösung war den Chefs eben nicht möglich, denn Sie schreiben sehr treffend von bedingungsloser Unterordnung. Das ist eben kein Geben und Nehmen, keine Kooperation, sondern der unbedingte Wille, Macht zu haben und zu beweisen. Schade.

  • DK
    Dennis Kohlmey

    Was mich bei dem Urteil stört: Banker dürfen dubiose Geschäfte machen und bekommen trotzdem ihre im Vertrag zugesicherte Provision. Eins steht fest. Bei Kaiser´s gehe ich nicht mehr einkaufen (bei Lidl übrigens auch nur noch ganz selten, weil ich nicht mit überwacht werden will, aber sie haben ganzjährig Radieschen, was mir zu denken gibt).

     

    Dennis K.

    Berlin

  • S
    SozialSchmaRotzer

    Sehr guter Kommentar. Beleuchtet die Situation mal von der anderen Seite. (Ist mir so noch nie aufgefallen.)

     

    Hier zeigt sich, wohin der menschenzermalmende Ultraliberalismus führt:

    Auf der einen Seite Gierlappen Klaus Zumwinkel, der für eine TATSÄCHLICH begangene Straftat in Millionenhöhe eine Bewährungsstrafe rausdealt; auf der anderen Seite eine unterbezahlte Arbeiterin, die für den bloßen VERDACHT eines "Schadens" in Höhe von 1,30 € ihrer Zukunft beraubt wird.

    Dies alles - und das finde ich wirklich zum Kotzen - auch noch abgesegnet "im Namen des Volkes".

  • JV
    Jos van Haag

    Hmm. Auf der Kaisers-Homepage heißt es in einer prominent plazierten Stellungnahme zum Urteil unter anderem: "[...] sie hat zudem andere Kollegen zu Unrecht bezichtigt." Kann es sein, daß die ganze Angelegenheit vielleicht größere Untiefen hat, als man das gerne hätte? Ist es vielleicht am Ende gar keine "Böse-Unterdrücker-Discounter" vs. "Aufrechte-Arbeiterin -Nummer? Gibt es hier vielleicht lästige Sachverhalte, die die schöne Erwartungshaltung stören könnten?

    Ich weiß es auch nicht, aber ich habe schon Fälle erlebt, die man genauso verkaufen könnte wie diesen hier und die 100%ig gerechtfertigt waren...