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Strafgericht für die Königsmörder

Generalsekretär Hubertus Heil erhält nur 61,7 Prozent der Stimmen, anderen Unterstützern von Andrea Nahles geht es nicht viel besser

KARLSRUHE taz ■ Der Parteitag läuft glatt, sehr glatt. Koalitionsvereinbarung verabschiedet, der Vorsitzende mit DDR-Ergebnis gewählt. Da fragen sich viele: Wo ist das Ventil für das Durcheinander und die gegenseitigen Vorwürfe der vergangenen Wochen? Wer bekommt die Quittung, dass Franz Müntefering nicht mehr Vorsitzender der SPD ist?

Der ideale Punkt für eine Abrechnung an diesem zweiten Tag des SPD-Parteitages wäre die Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden und des neuen Generalsekretärs. Für diesen Posten schickt Matthias Platzeck den 33-jährigen Hubertus Heil ins Rennen, den Protagonisten der jungen Zentrumsgruppe der Partei, die sich „Netzwerk“ nennt. Für zwei der fünf Vizeposten kandidieren zudem Ute Vogt, die Chefin der baden-württembergischen Sozialdemokraten, und Bärbel Dieckmann, Oberbürgermeisterin von Bonn.

Alle drei, Heil, Vogt und Dieckmann, hatten zusammen mit vielen anderen vor zwei Wochen die Parteilinke Andrea Nahles bei ihrer Kampfkandidatur gegen den Wunschgeneralsekretär von SPD-Chef Müntefering unterstützt. Der daraufhin zurücktrat.

Als Königsmörder verunglimpft werden die drei nun tatsächlich abgestraft. Hinzu kommt, dass Hubertus Heil mit seiner Rede, die sich vornehmlich durch den reichhaltigen Gebrauch der Formel „Genossinnen und Genossen“ auszeichnet, keine Pluspunkte gewinnt. So wählen ihn nur 306 von 498 Delegierten, mit 61,7 Prozent ein Ergebnis knapp über der Toleranzgrenze.

Auch das Ergebnis für Ute Vogt fällt hart aus. Sie bekommt 335 von 498 Stimmen – 67,3 Prozent. Ein deutlicher Rüffel nicht nur dafür, dass Vogt für Nahles votierte, sondern dies im Fernsehen freimütig auch noch rechtfertigte. Das Ergebnis für die dritte im Bunde, Bärbel Dieckmann, bleibt zwar weit hinter dem des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck zurück (92,3 Prozent), das ist aber mit knapp 80 Prozent nur ein Dämpfer. Überraschend gut schneidet auch die Parteilinke und Vorsitzende der SPD-Frauen Elke Fernen mit über 82 Prozent ab, übertroffen noch vom designierten Finanzminister Peer Steinbrück.

Die Abstrafung der Nahles-Anhänger hat selbst der neue Hoffnungsträger der Partei, Matthias Platzeck, nicht verhindern können. In seiner Rede spricht er stellvertretend für die Nahles-Unterstützer seinen Generalsekretärskandidaten direkt an: „Auch Hubertus Heil hat einen Fehler gemacht. Und wir hatten eine intensive und laute Aussprache darüber.“ Heil war einer derjenigen gewesen, die die Netzwerker und die Parteilinke gemeinsam hinter Nahles versammelte. Dieses Strippenziehen für die Kampfkandidatur fand Platzeck falsch. Aber, so lässt der neue SPD-Chef wissen: „Wenn man sich ausgesprochen hat, soll man auch wieder kameradschaftlich zusammenarbeiten.“ Was Nahles selbst angeht, ruft Platzeck den Delegierten explizit zu, „einen dicken Strich unter die Turbulenzen der vergangenen Wochen zu ziehen“.

Ganz so dick wie vorgeschlagen fällt der Strich dann aber nicht aus. Bei den Wahlen zu den Beisitzerposten im Vorstand kommen Andrea Nahles sowie der moderate Hamburger Linke Niels Annen in der ersten Runde glatt durch – wenn auch nicht mit sensationellen Ergebnissen. Netzwerker Sigmar Gabriel, im ersten Wahlgang durchgefallen, verzichtet auf den zweiten Versuch. Als zukünftiger Umweltminister sitze er sowieso im Vorstand, begründet Gabriel. HANNES KOCH

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