Kommentar Steueroasen: Kein Grund für halbherzige Lösungen

Europas Steueroasen wollen künftig mit ausländischen Steuerbehörden kooperieren. Das ist gut, doch im Kampf gegen Steueroasen ist mehr möglich - und nötig.

Der internationale Druck zeigt Wirkung: Wie Dominosteine fallen Europas Steueroasen derzeit um. Ob Liechtenstein, Andorra oder Luxemburg, ob Schweiz oder Österreich: Die Regierungen erklären sich zu Zugeständnissen an andere Länder bereit. Sie alle fürchten erstmals reale Sanktionen, seit die G-20-Staaten angesichts der Wirtschaftskrise über eine "Schwarze Liste" für unkooperative Finanzplätze diskutieren.

Zwar ist es ohne Zweifel erst einmal eine gute Nachricht, dass der Druck zu Ergebnissen geführt hat. Doch bei genauer Betrachtung sind die Zusagen alles andere als befriedigend. Die Steueroasen wollen sich lediglich an den Kriterien der OECD orientieren. Diese sehen eine Weitergabe von Informationen nur in Einzelfällen und bei konkretem Verdacht vor. Weil die Behörden oft nicht wissen, wo sie nach welchen Informationen suchen müssten, bleibt damit der Großteil der Steuerflüchtigen auf der sicheren Seite.

Zudem soll die Weitergabe den Ankündigungen nach nur auf Grundlage von Verträgen zwischen einzelnen Staaten erfolgen. Ob und welche Rechte gewährt werden, hängt also von der Verhandlungsmacht des jeweiligen Staates ab. Gerade Entwicklungsländer, die ebenfalls massiv unter Steuerflucht leiden, dürften dabei nur geringe Aussichten haben, den Geldentzug zu stoppen.

Um die Steuerflucht wirklich wirksam zu bekämpfen, gibt es nur eine Lösung: einen verpflichtenden, automatischen Informationsaustausch über steuerrelevante Kapitalerträge. Das möchten die Steueroasen auf keinen Fall, und darauf zielen auch ihre plötzlichen Zugeständnisse: Mit ihrem Angebot wollen sie im Vorfeld des Weltfinanzgipfels Druck aus dem Kessel nehmen - und damit schärfere Maßnahmen verhindern.

Für die anderen Länder gibt es aber keinerlei Grund, sich mit halbherzigen Lösungen zufrieden zu geben. Welche Probleme von Finanzplätzen ausgehen, die sich Regulierung und Besteuerung widersetzen, führt die weltweite Krise gerade eindrücklich vor Augen. Die Chance, dieses Treiben ernsthaft zu stoppen, war nie so groß wie heute. Wenn sie nicht genutzt wird, ist die internationale Gemeinschaft selber schuld.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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