Neue Protestwelle erschüttert Pakistan: Anwälte stürmen Straßensperren

in Pakistan wollen Oppositionelle für die Wiedereinsetzung geschasster Richter demonstrieren. Im Vorfeld werden hunderte Aktivisten festgenommen oder unter Hausarrest gestellt.

Proteste außer Kontrolle: In Lahore steht ein Polizeibus in Flammen. Bild: dpa

Die Stimmung in der ostpakistanischen Stadt Lahore ist angespannt. Anhänger der oppositionellen Nawaz-Muslimliga des Expremiers Nawaz Sharif und Anwälte in schwarzen Anzügen stürmen Straßensperren. Sie werfen Steine, Polizisten prügeln mit Knüppeln auf die Demonstranten ein. Vor dem Obersten Gericht der Stadt toben Straßenschlachten. Anhänger der Opposition werfen Steine, die Polizisten antworten mit Tränengas.

Die Regierung in Islamabad unternimmt alles, um den "Langen Marsch auf Islamabad" zu verhindern, zu dem Anwaltskammern und Oppositionsparteien aufgerufen haben. Hunderte Aktivisten wurden in den vergangenen Tagen festgenommen oder unter Arrest gestellt. Die Proteste erinnern an die Großdemonstrationen gegen Präsident Musharraf 2007 und sie erfolgen aus demselben Anlass.

Im November 2007 hatte Musharraf rund 60 der höchsten Richter des Landes entlassen und durch seine Anhänger ersetzt, nachdem das Oberste Gericht angekündigt hatte, es werde die Verfassungsmäßigkeit seiner Präsidentschaft überprüfen. Im August 2008 konnte Musharraf dem Druck der Straße nicht länger standhalten und trat zurück.

Doch sein Nachfolger, Benazir Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari, brachte nur einige wenige der rechtmäßigen Richter wieder ins Amt. Denn sie könnten auch gegen ihn vorgehen: Etliche Strafverfahren gegen Zardari in Pakistan und im Ausland wurden erst ausgesetzt, als er sein Amt antrat. Stattdessen zahlten es die immer noch amtierenden Richter Oppositionschef Sharif heim, dass er weiter an der Seite der Anwälte des Landes ihre Absetzung forderte: Vor zwei Wochen erklärte das Oberste Gericht, er und sein Bruder Shahbaz seien aufgrund ihrer Vorstrafen für öffentliche Ämter "ungeeignet". Shahbaz Sharif musste sein Amt als Ministerpräsident der Provinz Punjab aufgeben. Die Sharif-Brüder riefen ihre Anhänger auf, die Juristen bei ihren Protesten für eine Wiedereinsetzung der alten Richter zu unterstützen.

Diese Proteste drohen nun, das Land weiter zu destabilisieren. Kein Wunder, dass die USA die Entwicklungen mit größter Sorge beobachten. Anne W. Patterson, Washingtons Botschafterin in Islamabad, traf sich vor wenigen Tagen mit Oppositionschef Sharif. Später beriet sich der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard C. Holbrooke, mit Präsident Zardari und telefonierte mit Nawaz Sharif. Es wird immer klarer, dass Pakistan in der neuen Afghanistanstrategie von US-Präsident Barack Obama eine Schlüsselrolle spielen wird. Demnach sollen moderate Taliban in eine Friedenslösung eingebunden, Rückzugsräume und Basen fanatischer Taliban und militanter Islamisten in Pakistan aber zerstört werden. Obama soll den endgültigen Kurs seiner Regierung bei einer Afghanistan-Konferenz in Den Haag am 31. März vorstellen.

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