Olaf Stotz zur US-Krisenintervention: "Kein finaler Rettungsschlag"

Auch wenn der neue US-Rettungsplan die Probleme der Banken nicht lösen wird, sieht der Ökonom Olaf Stotz erste Zeichen für eine Besserung.

Luftansicht auf Shanghai: "Erste Ansätze einer Stabilisierung sind in Asien erkennbar. Dort gibt es zwar auch Probleme, aber das Wirtschaftswachstum in China beträgt immer noch 6 Prozent." Bild: dpa

OLAF STOTZ, 39, ist Professor an der privaten Hochschule Frankfurt School of Finance & Management mit den Schwerpunkten Anlagemanagement, Finanzanlagen und Kapitalmärkte.

taz: Herr Stotz, die amerikanische Regierung will US-Banken faule Wertpapiere bis zu 1 Billion US-Dollar abkaufen. Wie groß sind die Chancen, dem Bankensystem damit wieder auf die Beine zu helfen?

Olaf Stotz: Auf den ersten Blick hört sich 1 Billion Dollar beeindruckend an. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass der neue Rettungsplan der finale Rettungsschlag für die US-Banken sein wird. Dafür sind die Bilanzen der US-Banken einfach zu groß. Wenn man bedenkt, dass schon die mittelgroße deutsche Hypo Real Estate mit einem dreistelligen Milliardenbetrag unterstützt wurde, dann dürfte das US-Paket noch immer zu klein sein. Die US-Banken dürften noch viel mehr toxische Wertpapiere in den Büchern stehen haben.

Wie viel Giftpapiere schlummern noch in den Bilanzen?

Das ist für Außenstehende unmöglich zu sagen, denn die Banken können es teilweise selbst nicht einschätzen.

Private Investoren sollen mit staatlichen Krediten den Banken Schrottpapiere abkaufen. Wieso sollten sie aber die Katze im Sack kaufen?

Die entscheidende Rolle für Investoren ist, zu welchem Kurs die toxischen Wertpapiere verkauft werden. Der Preis bestimmt für sie die Risikoentschädigung. Die Werthaltigkeit der Kredite muss größer sein als der Preis, den sie dafür bezahlen sollen. Dazu müssen sie aber klar beurteilen können, welche Werte hinter den giftigen Papieren stehen, die sie kaufen sollen.

Letztendlich geht es dabei um die Frage: Wer übernimmt das Risiko der Ungewissheit, wie viel diese Papiere wert sind, für die es keine Marktpreise gibt? Da gibt es nur zwei Alternativen: der Staat oder die Privatwirtschaft. Am Ende ist aber auch der Staat nichts anderes als die Privatwirtschaft und die Steuerzahler.

Wäre es angesichts dieser Bewertungsprobleme nicht besser, die notleidenden Banken vorübergehend zu verstaatlichen, zu sanieren und sie als gesunde Banken wieder zu privatisieren?

Das Finanzsystem lebt davon, dass es privatwirtschaftlich organisiert ist. Ich glaube deshalb nicht, dass die Verstaatlichung vieler Banken auf Zeit das Problem lösen wird. Es gibt Alternativen dazu. Der Plan der US-Regierung, das Finanzsystem mit Hilfe der Privatwirtschaft zu lösen, könnte einer davon sein.

Trotz Billionenhilfen konnte sich der private Bankensektor noch immer nicht erholen. Was ist dafür die Ursache?

Das Kernproblem hat sich mittlerweile auf die Realwirtschaft verlagert. Die Realwirtschaft hat nie da gewesene Nachfrageeinbrüche erlebt. Unternehmen, die Verluste machen und denen die Kunden weglaufen, bekommen deshalb bei Banken keinen Kredit mehr.

Das heißt also, mit einer Bankenrettung ist es gar nicht mehr getan?

Die Situation erscheint zwar sehr dramatisch. Aber ich glaube, was so schnell eingebrochen ist, wird sich auch schnell erholen. So ein Impuls für eine Umkehr könnte aus der Realwirtschaft kommen, von dem erst die Unternehmen und dann auch die Banken profitieren. Die Erholung wird aber nicht aus den USA oder Europa kommen. Erste Ansätze einer Stabilisierung sind aber in Asien erkennbar. Dort gibt es zwar auch Probleme, aber das Wirtschaftswachstum in China beträgt immer noch 6 Prozent.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Ich glaube, das erste Halbjahr wird für die Realwirtschaft noch sehr schwierig. Ende des Jahres könnte sich aber eine positive Entwicklung durchsetzen. Denn das Tempo, mit dem es in allen Bereichen nach unten ging, birgt auch eine Chance. Weil der Anpassungsprozess sehr schnell bewältigt wurde, sind die Chancen für eine zügige Erholung auch besser als in der Vergangenheit.

INTERVIEW: TARIK AHMIA

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