Lennons "Bed-in" nachgestellt: Yoko? O no!

In einem Frankfurter Hotel wird das legendäre "Bed-in" von John Lennon und Yoko Ono nachgestellt - für den Weltfrieden, natürlich, und zu Werbezwecken für ein Dudelradio. Ein Ortstermin.

Im Bett mit dem Mythos: Radiomoderatoren Weidemann und Ebert im Frankfurter Hilton. Bild: dpa

Yoko Ono? Äh, nein, daran hätten sie nicht gedacht, sie wollten sich mehr auf die Beatles konzentrieren. Maren Weidemann findet die Frage nach der anstrengenden Witwe offenbar fehl am Platz. So fehl am Platz, wie sie sich selbst fühlt als Wiedergängerin von Yoko Ono. Die gute Miene zu diesem Spiel fällt ihr schwer. Aber das ist nun mal ihr Job in der John-F.-Kennedy-Präsidenten-Suite im 12. Stock des Frankfurter Hilton Hotels.

Hier sitzt Maren Weidemann in einem weißen Schlafanzug mit onoeskem Mittelscheitel im Bett. Ein Doppelbett, bezogen mit schwarzweißer Wäsche mit "Radio Bob!"-Logo. Im selben Bob!-Bett sitzt Maren/Yokos Kollege Daniel Ebert, ebenfalls im weißen Schlafanzug. Um auszusehen wie John Lennon hat er sich einen Vollbart stehen lassen. "Schrecklich" fand er das und lacht dazu das Lachen eines ausgekochten Radio-Profis, der weiß, dass die Show weitergehen muss. Mit Vollbart, Halbglatze, Schlafanzug und Hornbrille spreizt er Mittel- und Zeigefinger in die Kamera. 1969 war das ein Peace-Zeichen. Heute ist das ein Ackermann-Zeichen. Victory.

Fürs Foto hat Kollegin Maren/Yoko derweil eine der bereitgestellten gelben Chrysanthemen zur Nase geführt. Auch die Blume kann die Skepsis in ihrem Blick nicht vertreiben. Was mache ich eigentlich hier mit diesem Typen im und einer Handvoll Journalisten vor dem Bett? Das Chrysanthemengelb harmoniert mit dem Gelb der Schilder, die in der Präsidenten-Suite aufgehängt sind. Darauf haben die Radio-Bob!-Leute (Slogan: "Heute schon gebobbt?") die Parolen von damals geschrieben: Hair Peace, Bed Peace, Make love not war. Über Marens Mittelscheitel hängt Schwarz auf Gelb: Bob Peace. Dann wird es Zeit für eine kurze Live-Schalte in der Sendung "BOBs herrlicher Vormittag" (Die läuft immer von 10 bis 14 Uhr, nach "BOBs wunderbarer Morgen" und vor "BOBs freundlicher Nachmittag").

Lennon-Darsteller Daniel schäkert mit Leslie, der Moderatorin aus dem Bob!-Studio. Gags über die Kollegin im Bett bieten sich an. Das Angebot wird angenommen. Solche Live-Schalten gibt es alle paar Stunden, dann wird ein Beatlessong gespielt. "Heute Morgen haben wir in unserer Rubrik Textkunde den Text von "The Ballad of John and Yoko" übersetzt", erzählt Maren/Yoko. Außer ein paar Lokaljournalisten und dem Fotografen Elmar Welge, der 1969 in Amsterdam dabei war, sind noch Ajit Thamburai und Werner Strahl erschienen.

Strahl, optisch ein Wiedergänger Roger Whittakers, vertritt die Hilfsorganisation Cap Anamur und kann als Jahrgang 44 nur begrüßen, dass es wieder solche Friedensinitiativen gibt. Wo doch heute die meisten jungen Leute eher unpolitisch sind, leider. Daniel/John nickt verständnisvoll und stellt fest, dass Herr Strahl ja ein echter Zeitzeuge ist. "Wie war das damals?", fragt er eindringlich. "Wie hat sich das angefühlt? War das eine (kurzes Zögern) Massenbewegung? War das so ne (längeres Zögern) … so ne richtige Euphorie damals?" Ja, das kann Herr Strahl nur bestätigen. Bevor das hier zu abstrakt wird, versucht der Bob!-Moderator die bedächtigen Äußerungen des Cap-Anamur-Whittakers mit dem Erfahrungshorizont der Bob!-Hörer abzugleichen ("Bob!-Zielgruppe 25- bis 49-Jährige, Kernzielgruppe: 30- bis 45-Jährige, Musikfarbe: Rock n Pop/AC (Adult Contemporary"). Das sei ja wohl ein "eigenartiges Volksgefühl" gewesen, damals 1969. Er persönlich habe so was nur zweimal erlebt: 1989 beim Fall der Mauer und 2006 bei der Fußball-Weltmeisterschaft.

Herr Strahl lächelt süßsauer, der Fußballvergleich scheint ihm nicht zu passen, aber er hält den Mund, es geht ja um den Weltfrieden. Den sieht Ajit Thamburai akut gefährdet und deswegen findet er es "eine coole Sache, wenn wir alle weitermachen", für den Frieden. Wir dürfen natürlich nicht aufhören hier und heute im Hilton, meint der junge Sprecher von Attac. Ihm haben sie erfolgreich eingetrichtert, dass er nie aufhören soll zu reden, wenn irgendwo ein Mikrofon eingeschaltet ist.

Das Bob!-Mikrofon liegt herrenlos zwischen den Bob!-Laken. Ob es dort in der Lage ist, die Attac-Botschaft für die Bob!-Hörerschaft aufzuzeichnen? Egal. On-air? Off-air? Hauptsache Ajit Thamburai und Werner Strahl haben die ihnen zugedachte Aufgabe erfüllt. Die notwendige Prise krediblen Politkolorits, die haben sie voll eingebracht. Attac und Anamur haben ihre Marken gebrandet, Radio Bob! hat was für den Frieden getan und das Hilton hat ihnen die Präsidenten-Suite gratis überlassen, normalerweise macht das 1.700 Euro. Sogar die Hotelmanager laufen einen Tag lang in weißen Schlafanzügen durchs Hilton, erzählt Maren/Yoko. Ein klarer Fall von Win-win-win-win-Situation.

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