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Kommentar zum Nato-GeburtstagLöst die Nato endlich auf

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Sowjetunion wurde auch die Nato überflüssig. Inzwischen ist sie ein wesentliches Hindernis im zivilen Kampf gegen Hunger und Klimawandel.

D ie Nato kann ihren 60. Geburtstag heute nur feiern, weil ihre beiden Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich die Grundrechte zehntausender Menschen auf Bewegungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit verletzen. Und auch der Datenschutz und die Pressefreiheit werden in rechts- und verfassungswidriger Weise eingeschränkt, und zwar auch durch deutsche Gerichte.

Schon allein dieser Umstand steht in krassem Widerspruch zur Lobhudelei der Nato-Regierungen und vieler Medien auf das Bündnis im Kampf für Frieden, Freiheit und Demokratie. Ausgeblendet aus der geschönten Bilanz der gerne zur "westlichen Wertegemeinschaft" verklärten Militärallianz bleiben die langjährige Mitgliedschaft diktatorisch regierter Staaten (Griechenland, Portugal, Türkei) sowie die Kooperation mit anderen Diktaturen.

Die "Bedrohung" der westlichen Demokratien durch die Sowjetunion diente vor 60 Jahren als Begründung zur Schaffung der Nato - sechs Jahre vor der Etablierung des Warschauer Paktes. Ob Moskau tatsächlich jemals die Absicht hatte, die als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges festgeschriebenen Grenzen zwischen Ost- und Westeuropa gewaltsam zu verändern, ist bis heute nicht hinreichend bewiesen.

Doch selbst wenn dieser Beweis vorläge: Mit dem Ende des Warschauer Paktes und der Sowjetunion vor nunmehr knapp 20 Jahren wurde die Nato überflüssig. Inzwischen ist sie ein wesentliches Hindernis für das Bemühen, die drängendsten globalen Herausforderungen - Hunger, Klimawandel, Ressourcenknappheit - möglichst mit zivilen Instrumenten und gewaltarm sowie unter dem Kriterium globaler Gerechtigkeit zu bewältigen.

Die Nato definiert all diese sozioökonomischen und ökologischen Krisen als "Sicherheitsbedrohungen", die vorwiegend militärische Antworten unter ihrer Führung erforderten. Die bereits von den Nato-Staaten erheblich geschwächte UNO soll zudem nun durch eine "Liga der Demokratien" unter Führung der USA ersetzt werden. Das fordern der neue Nato-Botschafter Washingtons und andere einflussreiche Mitglieder der Obama-Administration. Wahrhaft kein Grund, den 60. Geburtstag der Nato zu feiern.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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11 Kommentare

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  • GO
    Georg Olsen

    Herr Zumach wirft der NATO vor, dass sie diktatorisch regierte Staaten als Mitglieder geduldet haben. In diesem Sinne sollte man doch die UNO durch eine "Liga der Demokratien" ersetzen, wie von Washington vorgeschlagen. Warum sollen wir diktatorisch regierte Staaten in der UNO akzeptieren aber in der NATO etwa nicht?

  • FB
    Franz Beckenbauer

    ich seid echt witzig. dadurch dass ich gewählte representanten unserer staaten treffen fühlen sich radikale in ihrer bewegungsfreiheit eingeschränkt. dann können sie ihre steine nicht dorthin werfen, wo die sich gerade aufhalten - unglaublich. und der warschauer pakt wäre nie entstanden wenn es die nato nicht gegeben hätte....undsoweiter

  • B
    benevoglio

    Herr Zumach hat leider die gegenwärtige Weltlage nicht durchschaut!

     

    „Ob Moskau tatsächlich jemals die Absicht hatte, die als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges festgeschriebenen Grenzen zwischen Ost- und Westeuropa gewaltsam zu verändern, ist bis heute nicht hinreichend bewiesen“ (Zitat Zumach). Tatsache ist, dass die entschlossene Abwehrhaltung des Westens „Moskau“ von militärischen Abenteuern über Jahrzehnte abschrecken konnte. Auch die von allen selbsternannten „Progressiven“ vehement abgelehnte Nachrüstung war zur Aufrechterhaltung einer glaubhaften Abschreckung zwingend geboten. Die Rüstungsanstrengungen des Westens haben letztlich zum Zusammenbruch des Ostblocks geführt – „mit einem Winseln und nicht mit einem Knall“, so wie es der große Ronald Reagan gewünscht hatte.

    Auch heute ist die NATO dringend erforderlich. Der Kampf gegen den islamischen Extremismus hat gerade erst begonnen! Wer, wenn nicht ein starkes westliches Militärbündnis, kann denn in dieser Auseinandersetzung bestehen?

    Auf die NATO kommen aber auch noch ganz andere Aufgaben zu: spätestens in 20 Jahren wird mindestens die Hälfte der NATO-Seestreitkräfte im Mittelmehr eingesetzt werden, um dem ständig steigenden Druck durch illegale Einwanderer aus den zahlreichen Versagerstaaten in Afrika und im Nahen Osten entgegenzutreten und diese Leute konsequent zurückzuschicken.

  • PH
    Philipp Horn

    Das Beste,was ich bisher zum NATO-Gipfel gelesen habe!!!!

     

    Philipp Horn;Karlsruhe

  • D
    denninger

    Und warum sind dann so viele Länder an einem Beitritt zur NATO interessiert?

    Die NATO garantiert ihren Mitgliedern offenbar die militärische Stabilität und beugt zwischenstaatlichen Konflikten vor.

    Für Länder wie Polen, die baltischen Länder, Tschechien Kroatien und andere ist die NATO-Mitglieschaft eine Garantie der Unabhängigkeit von ihren großen Nachbarn.

    Die Rolle der NATO auf ihr Gegengewicht zum Warschauer Pakt zu reduzieren und mit diesem Argument ihre Auflösung zu fordern ist schlicht naiv.

  • KI
    Karl Ilnyzckyj

    Die freiheitlichen Grundrechte mussten zeitweise außer Kraft gesetzt werden, damit die Führer der Nato-Staaten ungestört Geburtstag feiern konnten.

    Für das nächste Nato-Treffen schlage ich vor, dass sie sich auf einem gut abgeschirmten Nato-Stützpunkt treffen.

    Wie wäre es mit Guantanamo?

  • H
    horst

    was meinen sie mit diktatorischen Regimes in Portugal, GR und TR?

  • D
    Dango

    Ich finde es mehr als bedenklich, dass die Darstellung der Nato und dem jüngst abgehaltenen Gipfeltreffen in den Medien im krassen Gegensatz zu ihrem tatsächlichen Zweck steht. Da ist von großen Herausforderungen die Rede, wie Friedenserhaltung, die Lösung der Probleme in der Dritten Welt, Klimawandel usw. Meiner Meinung nach alles Augenwischerei, es geht diesem Militärbündnis(!) nicht um Frieden, Freude, Eierkuchen. Mitnichten. Statt dessen wird die engere Vermischung ziviler und militärischer Arbeit angestrebt. Wo bitte führt das wohl hin? Bestimmt nicht in die Richtung, in die die Befürworter dieses Bündnisses uns weiß machen wollen. Für mehr Demokratie? Garantiert nicht...

  • MS
    Max Schneider

    Die Hezbollah hat sich nach dem Rückzug Israels aus dem Südlibanon auch nicht aufgelöst - wieso sollte es dann die Nato?

  • C
    Christian

    Ich kann es nicht so richtig beschreiben, aber bei manchen Leuten führt schon die Art, wie sie ihre Anführungsstriche setzen, dazu, dass ich ihre Texte nicht ernst nehme. Dies ist so ein Fall.

  • V
    vic

    Zum Geburtstag alles schlecht. Was die NATO braucht, ist ein Grab. Und da sollte sie schnellstens rein, zur Not auch lebendig.

    Erbärmlich, was rund um das Treffen dank dieser Kommisköpfe mit den demokratischen Grundrechten geschah. Die Zeichen werden immer deutlicher. Bewegungs-und Kleidungsvorschriften, Journalistenauslese, Maulkorberlass, Ausgehverbot, Kriegsrecht?