Kommentar Evo Morales: Alte Mittel zur Erneuerung

Evo Morales bedient sich als Präsident unorthodoxer Maßnahmen, um seine Vorstellungen durchzusetzen. Aber lieber hungern, als mit Waffen die verkrustete Oberschicht abzulösen.

In Bolivien gehen die Uhren anders. Aktuelles Beispiel dafür ist der Hungerstreik, den Präsident Evo Morales am Donnerstag aufgenommen hat. Der ungewöhnliche Schritt, mit dem er gegen die Behinderung des Wahlprozesses durch oppositionelle Hardliner protestierten wollte, sollte dem indigenen Staatschef dazu dienen, seine Anhänger um sich zu scharen und zugleich für einen globalen Mediencoup zu sorgen. Innenpolitisch wurde der Protest im Regierungspalast allerdings schon Stunden später durch eine turbulente Senatssitzung in den Schatten gestellt.

Regierung und Opposition ringen seit langem um die Modalitäten der Parlamentswahlen im Dezember. So wie bei der gleichzeitig anberaumten Präsidentenwahl zeichnet sich eine klare Bestätigung für die "Bewegung zum Sozialismus" ab, Morales Politik zugunsten der armen Bevölkerungsmehrheit ist populär. Bei dem Referendum im Januar 2009 stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 90 Prozent 61,3 Prozent des Wahlvolks für die neue Verfassung.

Verständlich also, dass der harte Flügel der Opposition schon jetzt versucht, die kommenden Wahlen zu diskreditieren. Dabei haben die rechten Senatoren die Gouverneure aus den Tieflandprovinzen hinter sich, während das Regierungslager nicht über eine Senatsmehrheit verfügt. Trotzdem verständigte sich Morales mit den kooperationsbereiten Parlamentariern des bürgerlichen Lagers nicht rechtzeitig auf einen Kompromiss für das neue Wahlgesetz. Stattdessen brachte seine Partei einen Gesetzentwurf ein, der jetzt nachgebessert werden muss. 30 Prozent des Wahlregisters dürften erneuert werden, und erstmals können sich Bolivianer im Ausland an den Wahlen beteiligen.

Dass die friedliche Ablösung der seit 500 Jahren herrschenden Oberschicht kein Kinderspiel ist, erlebt Evo Morales tagtäglich. Hin und wieder greift er zu Maßnahmen aus seinen Zeiten als Gewerkschaftsführer. Dennoch: Seine "demokratische und kulturelle Revolution" ist auf einem guten Weg.

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