Mobilität: Die Verkehrsbetriebe im Rollstuhltest

Mit einem Kurs will die BVG Kunden mit Handicap Ängste nehmen - und selbst was lernen.

Man muss in Berlin nicht unbedingt Marathon fahren, um mit einem Rollstuhl vorwärts zu kommen. Auch die BVG gibt sich behindertengerecht. Bild: Gereon Asmuth

Die Tram steht in der Halle auf dem BVG-Betriebshof Weißensee bereit, Tramfahrer René Bahnemann ist auch schon da. Eine Gruppe von zwölf Kindern und Jugendlichen der Stephanus-Schule Weißensee, einer Schule für geistig Behinderte, kommt an und beginnt, die Straßenbahn zu erkunden. Vor allem das Hupen macht Spaß. "Wir kommen hierher, weil wir oft die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, um zum Schwimmen zu fahren oder Ausflüge zu machen", erklärt Lehrerin Katrin Leisterer. "Wir wollen unseren Schülern die Unsicherheit nehmen."

Die BVG zeigt mit dem Kurs "Mobilität" Kunden mit Handicap, wie Bahnen und Busse funktionieren. Und zwar praxisorientiert. "Menschen mit Behinderungen und Senioren soll so die Angst vor der Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln genommen werden. Sie können hier ohne Zeitdruck testen, welche Möglichkeiten wir bieten", erläutert Christine Albrecht, Beauftragte für Fahrgäste mit Behinderungen bei der BVG, den Zweck der Veranstaltung.

Im ersten Waggon der Tram ist eine elektronische Hubrampe für Rollstuhlfahrer installiert. Per Knopfdruck gibt der Fahrgast Signal, dass er sie benötigt, die Rampe selbst betätigt Fahrer Bahnemann. Er macht das heute ein ums andere Mal, hilft beim Ein- und Aussteigen.

Dariusz Czeszejko ist 22 Jahre alt und schon sein Leben lang im Rollstuhl. Für ihn stellt die Benutzung von Bus und Bahn grundsätzlich kein Problem mehr dar. In fast ebenerdige U-Bahnen kommt er ohne Schwierigkeiten. Heikler wird es, wenn der Abstand zwischen Bahnsteig und Bahn zu groß ist. Dann steht er vorn am ersten Waggon und signalisiert dem Fahrer, dass er seine Hilfe braucht. "Das klappt auch meistens. Nur heute morgen stand ich da, der Fahrer hat mich gesehen, sogar die Hand gehoben und ist dann einfach ohne mich losgefahren", empört sich Czeszejko. Daraufhin habe er sich im Callcenter beschwert. Dessen Teamleiter Andreas Eckhardt erklärt: "So etwas sollte nicht vorkommen. Geht eine solche Beschwerde ein, wird der Zugfahrer befragt."

Auch die BVG lernt bei dem Kurs dazu. Nämlich, wo die Mobilitätsangebote noch nicht ausreichen, etwa im Fall von Anneliese Wilming. Die 74-Jährige fährt ein Elektromobil, 62 Kilo schwer und 119 Zentimeter lang. Sie ist hier, um auszutesten, ob sie damit Tram oder Bus fahren kann. Doch die Hubrampe der Tram ist zu klein. Mit der Klapprampe im Bus klappt zwar das Einsteigen, aber innen ist nicht genug Platz für sie. "Dafür habe ich hier heute erfahren, dass es vom VBB einen Begleitservice gibt", freut sich Anneliese Wil-ming. TINA HADERLEIN

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