Kommentar zum Kirchentag: Christen ganz ohne Jesus

Protestieren, wie es sich für anständige Protestanten gehören würde, will niemand im Kirchentagsbüro.

Es steht jetzt fest: Der evangelische Kirchentag, der Ende Mai in Bremen stattfindet, wird für genau fünf Tage nur zufällig in Bremen sein. Irgendwo muss man ja hin mit den vielen Tausend Veranstaltungen, zu denen Hunderttausend Menschen in die Stadt kommen werden.

Dort wird dann unter dem Motto "Mensch, wo bist Du?" äußerst angestrengt über Gott und die Welt, die Zukunft, den Frieden und alles andere nachgedacht. Es werden hehre Plädoyers für eine bessere Welt voller besserer Menschen gehalten werden - aber sich einmischen in die Belange der Gastgeberstadt und ihrer Menschen, deren Innensenator fürs Pittoreske sorgen und Obdachlose und andere Störenfriede entfernen lassen will, das werden sie nicht tun. Protestieren, wie es sich für anständige Protestanten gehören würde, will niemand im Kirchentagsbüro.

Dass sich - lange her - ein Herr Jesus Christus mal um die Ausgesonderten, die Armen, die Verachteten gekümmert haben soll, dass genau diese Haltung jetzt gefragt wäre? Uns doch egal, was in Bremen passiert, auch wenn der Kirchentag vom Senator instrumentalisiert wird. Da will man sich nicht einmischen - und die Worte der Pressesprecherin lassen vermuten, dass es dem Veranstalter recht ist, dass die Politik so aufs hübsche Bild bedacht ist. Kirchentag ist nur Folklore, demnächst zufällig in Bremen - und ganz ohne Jesus.

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Geboren in Göttingen, hat Geschichte und Soziologie in Bielefeld, Madrid und München studiert, war auf der Henri-Nannen-Schule in Hamburg, anschließend Lokalreporter der Berliner Zeitung und deren Nahostkorrespondent in Tel Aviv und Ramallah. Nach der Rückkehr freier Journalist in Oldenburg für überregionale Zeitungen und Magazine und Gründer des leider eingegangen Onlinemagazins Oldenburger Lokalteil. Leitete von 2012 bis 2021 das taz-Wochenendressort, lebt wieder in Oldenburg.

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