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UmweltschutzGrenzenlos gegen Atomkraft

Die Grünen protestieren mit polnischen Parteifreunden gegen ein geplantes Atomkraftwerk hinter der deutschen Grenze. Auch Brandenburg ist gegen die Anlage.

Ein neues Atomkraftwerk gleich hinter der polnischen Grenze? Nein danke, sagen nicht nur die Grünen diesseits und jenseits der Grenze. Bild: AP

Die Grünen protestieren grenzenlos. Am Samstag wollen Mitglieder der Brandenburger, Berliner und Mecklenburg-Vorpommerschen Landesverbände zusammen mit polnischen Parteifreunden gegen ein geplantes Atomkraftwerk im polnischen Gryfino (Greifenhagen) unweit der nordöstlichen Landesgrenze Brandenburgs protestieren. Das neue Atomkraftwerk könnte in unmittelbarer Nähe zum uckermärkischen Nationalpark Unteres Odertal entstehen. Die Pläne haben auch in der Brandenburger Landesregierung für Verstimmung gesorgt.

Wiederholt hatte Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) das Vorhaben abgelehnt. "Diese Position ist in der Landesregierung Konsens. Das gilt auch für Ministerpräsident Platzeck", sagt Woidkes Sprecher Jens-Uwe Schade. Die polnische Regierung will bis 2020 in die Kernenergie einsteigen und zwei Kernkraftwerke errichten. Als möglicher Standort wird das 20.000-Einwohner-Städtchen Gryfino, rund 120 Kilometer von Berlin entfernt, diskutiert. Laut Schade ist die Standortfrage in Warschau aber noch nicht entschieden.

Dieses Vakuum wollen die Grünen nutzen. "Wir wollen jetzt ein Zeichen setzen. Noch können wir das Kraftwerk verhindern ", so die Berliner Grünen-Chefin Irmgard Franke-Dressler. In Gryfino soll mit einer Demonstration vom Bahnhof zum Marktplatz gezogen werden. Laut Franke-Dressler werden neben einem zwei Meter großen giftgrünen, aufblasbaren Atomkraftwerk auch die deutschen und polnischen Spitzenkandidaten zur Europawahl, Rebecca Harms und Ewa Kos, teilnehmen.

Die Ablehnung von Kernkraftwerken ist europaweit unter den Grünen Konsens. "Wir wollen auf die Bedeutung grenzüberschreitender Energiepolitik hinweisen", so Franke-Dressler. "Ein GAU macht bekanntlich an keiner Grenze halt." Zudem gelte es die Aufmerksamkeit der polnischen Bevölkerung für das Thema erneuerbare Energien zu wecken. "Das stößt dort noch auf erhebliches Desinteresse", so die Grünen-Chefin.

Ob die Demonstranten Unterstützung aus der benachbarten Uckermark erhalten, ist ungewiss. "Mir ist weder die Aktion bekannt, noch ob unsere Bürger daran teilnehmen", erklärt Brigitte Günzel, Amtsdirektorin von Gryfinos Nachbargemeinde Gartz. Allerdings seien die Städte und Dörfer sehr besorgt über die Pläne, dass in der Nachbarschaft ein AKW entstehen soll, zumal sich in unmittelbarer Nähe der Naturpark Unteres Odertal befinde. Beunruhigte Bürger würden deshalb zunehmend bei der Verwaltung nachfragen, berichtet Günzel. "Die Leute haben Angst, krank zu werden und dass Touristen wegbleiben könnten", so Günzel. Man werde die Kritik an die Landes- und Bundesregierung weiterleiten. Im Brandenburger Umweltministerium sind die Sorgen bekannt. "Sollte es zur konkreten Bauplanung kommen, werden wir in den Genehmigungsverfahren intensiv die Interessen der Brandenburger vertreten", so Ministeriumssprecher Schade. Soll heißen: sich gegen den Bau einsetzen. Letztlich obliege die Entscheidung aber der polnischen Regierung.

"Die Polen könnten sich aber mal unsere AKW-Erfahrungen in Rheinsberg angucken", stöhnt Schade. Dort wurde 1990 nach 24 Jahren Laufzeit das einzige Atomkraftwerk des Landes stillgelegt. Der Rückbau ist bis heute nicht vollendet: Bei den Arbeiten sind wiederholt Kontaminationen aus DDR-Zeiten entdeckt worden.

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2 Kommentare

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  • E
    enger

    Unter grünen Flaggen zogen etwa vierzig Menschen heute Nachmittag durch das polnische Städtchen Gryfino. Selten habe ich eine fantasielosere und schlechter vorbereitete Demo gesehen, als an diesem Nachmittag. Man könnte auch mit dem Kollegen vom polnischen Radio sagen, es hätte ein Protest sein wollen, doch es war nur grüner Wahlkampf und Kandidatenselbstdarstellung.

  • F
    FREDERICO

    Atomkraftwerkbetreiber wissen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein GAU eintritt, ist etwa alle 600 Jahre gegeben. Das heißt dann aber nicht, dass er nicht schon morgen eintreten kann! Hinzu kommt der Umstand, dass eine sichere Endlagerung nicht möglich ist, weder über noch unter der Erde. Jahrzehnte hat uns die Atommaffia vorgelogen z.B. Salzstöcke seien über Jahrtausende sicher. Schwachsinn wie Asse beweist. Neuerlich hat man unserer Umweltpappnase von Minister eingeredet es gäbe technische Möglichkeiten die Wassereinbrüche zu stoppen, ebenfalls Schwachsinn, bringt bloß neue Unsummen an Kosten jedoch keinerlei Ergebnis. Im Erstberuf bin ich Bergmann, ich erinnere mich noch gut als wir eine Strecke (Tunnel) gegen Wassereinbruch von unten abdichten wollten, nach sechs Monaten haben unsere Ingeneure aufgegeben, weil alle Versuche und Verfahren gescheitert sind. In Asse kommt das Wasser von oben und folgt somit der Schwerkraft, keine Chance. Wahrscheinlich hat Gabriel schon einen Beratervertrag bei der Firma die das schaffen will, so was, ordentlich bezahlt wandelt quasi die Moral. Da wäre dann noch die Plattentektonik, welche jede Lagerung unter der Erde auf Ewig unmöglich macht. Grundsätzlich ist das Ganze lediglich eine Möglichkeit einen nie versiegenden Geldfluss auf Steuerzahlers kosten zu installieren, denn Atomwaffen haben wir ja schon genug, dafür benötigen wir keine AKW'S mehr. Millionstel Gramm Plutonium wirken 100% tödlich und das bei einer Halbwertzeit von 25.000 Jahren. All jene die diese Technik befürworten sind entweder ungebildet oder korrupt manchmal beides. Letztlich geht es nur ums ab kassieren! Schon olle Goethe wusste vor etwa 200 Jahren zu berichten: „Zum Golde drängt am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen“ (Faust erster Teil).