Kommentar US-Israel-Gipfel: Obama muss Siedlungbau stoppen

Erst wenn es dem US-Präsidenten gelingt, das Ende des Siedlungsbaus durchzusetzen, kann es am Verhandlungstisch weitergehen - und können die Radikalen gestoppt werden.

Ermutigt von Obama, enttäuscht von Netanjahu: mit diesem einen Satz lässt sich das amerikanisch-israelische Gipfeltreffen aus arabischer Sicht zusammenfassen. Selten wurden Widersprüche so offen vor allen Kameras ausgetragen.

Obama spricht von der Zweistaatenlösung als "historische Gelegenheit" und er fordert ein Einfrieren des Baus israelischer Siedlungen. Netanjahu bietet lediglich vage an, mit den Palästinensern verhandeln zu wollen. Viel lieber hätte er über die iranische Bedrohung geredet.

Klar ist: die USA und die Europäer werden Netanjahu so lange im Würgegriff halten, bis er das magische Wort "Zweistaatenlösung" ausspricht. Womit lediglich der Prä-Netanjahu-Status wieder hergestellt wäre: Verhandlungen über einen palästinensischen Staat bis zum St. Nimmerleinstag, während im Westjordanland durch den Siedlungsbau stetig neue Fakten geschaffen werden: Die "Zweistaatenlösung" - ist nur mehr eine Worthülse.

Knackpunkt für eine Wende der US-Nahostpolitik ist also Obamas Forderung nach einem Stopp des Siedlungsbaus. Wenn er das nicht nur verbal ausdrückt, sondern auch gegenüber Israel durchsetzt, schafft er tatsächlich neue Parameter im Nahen Osten und Raum für ernsthafte Verhandlungen.

Bleibt noch das nicht unerhebliche Problem, dass die Verhandlungspartner, die Palästinenser und die gesamte arabische Welt hoffnungslos untereinander zerstritten sind: zwischen einem moderaten Lager, das verhandeln will, und einem radikalen Lager, das das Wort "Widerstand" auf seine Fahnen geschrieben hat. Schafft Obama eine Atmosphäre, in der der arabische Glauben gestärkt wird, doch am Verhandlungstisch voranzukommen? Erst dann hätte er im Nahen Osten eine neue politische Dynamik eingeleitet, die den Moderaten endlich etwas in die Hand gibt und die Radikalen darüber nachdenken lässt, sich doch besser im politischen Prozess einzubinden.

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Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

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