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Klimaschutz vor der WahlGesetz für CO2-Speicherung gestoppt

Aus Angst vor Protesten stoppt die Union das CCS-Gesetz für diese Legislaturperiode. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßte das Scheitern des Gesetzes.

BUND-Aktivisten protestieren im Mai gegen das CCS-Gesetz und die klimaschädliche Form der Stromerzeugung. Bild: dpa

BERLIN taz Vor der Bundestagswahl wird es kein Gesetz mehr geben, das die Technik zum Abscheiden und Speichern des Klimagases Kohlendioxid (CO2) regelt. Die Union, die das Vorhaben in der vergangenen Woche zunächst überraschend verschoben hatte, habe nun mitgeteilt, dass es in dieser Legislaturperiode keinen Beschluss mehr geben werde, bestätigte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber der taz. "Auf die Union ist kein Verlass", kritisierte er.

Die Technik zum Abtrennen und Speichern von CO2 bei Kohlekraftwerken, die als CCS (Carbon Capture and Storage) bezeichnet wird, wird derzeit von den Unternehmen Vattenfall und RWE erprobt. Gespeichert werden soll das CO2 unterirdisch, etwa in ehemaligen Erdgaslagerstätten, in die es über Pipelines transportiert würde. Gegen die Lagerung, für die es bisher keine gesetzliche Grundlage gibt, hatte es in den betroffenen norddeutschen Regionen erhebliche Proteste gegeben. Auch die schleswig-holsteinische CDU hatte sich darum gegen das geplante Gesetz ausgesprochen.

Offiziell nennt die Union nun allerdings einen anderen Grund für das Scheitern: "Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat einen kleinen Einwand der CSU dazu missbraucht, eine ganze Giftliste gegen CCS aufzumachen", erklärte die Unions-Verhandlungsführerin Katherina Reiche der dpa. Dies wies SPD-Fraktionsvize Kelber empört zurück. "Es ist dreist, wie sich die Union mit immer neuen Lügen herausreden will." Es sei offensichtlich, dass sich CDU und CSU bei dem umstrittenen Thema vor der Wahl nicht festlegen wollten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßte das Scheitern des Gesetzes. "Dies ist ein Erfolg für den Bürgerprotest und den Klimaschutz", sagte der Vorsitzende Hubert Weiger. Er forderte, auf die CCS-Technologie komplett zu verzichten. Nach Ansicht des BUND handelt es sich bei CCS um ein "Feigenblatt für die rückwärtsgewandte Kohlepolitik" der Energiekonzerne. Deutlich kostengünstiger als CCS sei die Vermeidung von Treibhausgasen durch Effizienztechnolgien und erneuerbare Energien.

Der Chef des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, Lars Göran Joseffson, sieht in der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid hingegen eine Grundvoraussetzung für einen wirkungsvollen Klimaschutz. "Jede Verzögerung ist nicht gut", sagte er in Berlin zum Streit über das Gesetz.

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6 Kommentare

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  • NJ
    navajo joe

    @ Bendte: sehe ich auch so. Vattenfall ist evtl. verärgert, dass die besten offshore windräder nicht von ihm ist, sondern von anderen unternehmen, wie statkraft oder sway (beide norwegen, erstgenanntes eigtl. staatlich) u. a.

     

    dabei könnte - ohne jegliche küstenverbauung, da hochseetauglich - offshore windkraft allein in der nordsee theoretisch den

    g e s a m t e n strombedarf Europas decken!

    (nachzulesen schon 2007 in: Siegfried Heier: Nutzung der Windenergie. 5. Auflage). vgl. auch: http://de.wikipedia.org/ unter: Schwimmende Windkraftanlage .

    - aber natürlich wäre ich dafür, die windräder nicht alle in der nordsee zu installieren, sondern breiter zu streuen! europäische meeresgewässer mit weniger als 250 m tiefe gibt es schließlich viele.

  • DD
    Dieter Drabiniok

    Das Öko-Mäntelchen passt jedem industriell/ökologischen Schwachsinn: Der Ansatz und die Begründungen für die ccs Technologie sollen vermitteln, dass die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie möglich ist. Davon Träumen alle, die immer noch der Illusion nachhängen, dass dieses beiden Bereiche versöhnbar sind.

    Für 4 Mrd. Forschungsgelder aus Steuermitteln, lässt sich risikolos alles begründen und erforschen! Das einzigste Risiko besteht darin, es nicht nicht zu tun. Zur Erinnerung: Das duale System z.B. Die Gelbe Säcke Versöhnung, mit Ökologie. Dieses System hat einen komplett neuen Wirtschaftszweig erzeugt, ohne eine einzige unnötige Verpackung zu verhindern. Als Ressourcensparmodell gestartet, muss jetzt weiter Verpackungsmüll produziert werden, um die Arbeitsplätze der Gelben Sack Industrie zu sichern.

    Wer zweifelt daran, dass die in ccs investierten Milliarden, die Exportchancen, die noch nicht absehbaren Gewinne und die davon abhängigen Arbeitsplätze, einen Ausstieg aus der Kohle verhindern werden? Doofe, dürfen jetzt gern die Finger heben!

  • D
    dcl

    auf die ccs-technologie muss aus folgenden gründen verzichtet werden:

     

    - die abscheidung mindert den wirkungsgrad der kraftwerke; ein höherer brennstoffeinsatz ist nötig

    - ccs und die anderen verfahren dienen nur als alibi der großen k-kraftwerksbetreiber um weiterhin auf kohlestrom setzen zu können und damit ihre macht behalten zu können, anstatt sie an dezentrale stromerzeuger abgeben zu müssen.

    - wer kann denn über so lange zeit die sicherheit der lagerstätten garantieren und wer kontrolliert, ob nicht doch co2 einfach in die luft gelassen wird?

    - ccs ist nach- und nicht vorsorge

    - die kraftwerksbetreiber haben einen neuen grund, ihre strompreise zu erhöhen; als ursache nennen sie dann den vermehrten einsatz erneuerbarer energien

    - ccs verhindert die erschließung von tiefengeothermie in norddeutschland, da dort die einlagerung stattfinden soll.

  • B
    Bäääärrrrk!!!

    Erst einmal „Gott sei Dank“! Das ganze ist ja wieder mal bloß ein Versuch den Bau neuer Kohlekraftwerke als umweltfreundlich zu deklarieren. Grundsätzlich jedoch ist diese Technik mehr als „hahnebüchen“. Als wenn es nicht nur eine Frage der Zeit wäre bis dieses hoch komprimierte Gas sich seinen Weg an die Erdoberfläche bahnt. Hat man denn mit Asse nichts dazu gelernt? Anderes Beispiel. Im Erstberuf bin ich Knappe (Bergmann, heute Bergbautechnologe) in meiner Heimat (Saarland) gab es zwei Abbauarten der Kohle. Einmal Versatzbau, was bedeutet das der entstandene Hohlraum durch die entfernte Kohle mit einem Anhydrid/Wassergemisch (eine Art Naturbeton) wieder aufgefüllt wurde, um eventuelle Schäden an der Oberfläche zu reduzieren. Zum Anderen gab es Bruchbau, d.h. man ließ den Hohlraum schlicht und ergreifend unausgefüllt zusammen brechen. Auf meine Frage im Berufsschulunterricht (vor 35 Jahren) ob dies denn über kurz oder lang sich nicht doch bis zur Erdoberfläche hin auswirkt, wurde mir seitens des Lehrers ( Bergbauingeneur) vermittelt dies sei unmöglich, weil geologische Forschung und Studien dies definitiv ergeben hätten. Schauen sie sich heutzutage mal im Saarland oder Ruhrgebiet um, insbesondere in Zonen wo besagter Bruchbau betrieben wurde. Aber unsere Parteibuch Karriere Spezialisten lassen sich von den Lobbyisten doch jeden Senf aufs Brot schmieren, ggf. wird eben mit einem gut dotierten Pöstchen nachgeholfen. Es ist schon beschämend, wenn man in der Mehrzahl von einem Haufen Lobbyisten-Knechten regiert wird.

  • V
    vic

    Bisschen Verzögerung, nicht mehr.

    "für diese Legislaturperiode"

    Also für ca. drei Monate.

    Danach wird´s eh ganz dicke kommen, dann kümmert niemand mehr Gedöns wie Ökologie.

  • B
    Bendte

    Vattenfall-Kanzlerinnen Berater sollten sich vielleicht mal überlegen, wie sie aus der Kohle aussteigen können, nicht wie sie die Folgen langfristig zur Zeitbombe umwidmen.