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Vor Regierungsbildung im LibanonKämpfe auf den Straßen von Beirut

Anhänger des designierten Regierungschefs Hariri liefern sich Gefechte mit Gefolgsleuten der schiitischen Amal. Dabei hatten sich beide Seiten zuvor unterstützt.

Und wieder brennen die Autoreifen: Die Lage in Beirut ist unruhig. Bild: dpa

BERLIN/BEIRUT taz/ap | Es ist kein gutes Omen für den designierten libanesischen Regierungschef Saad Hariri. Einen Tag nachdem Präsident Michel Suleiman ihn mit der Regierungsbildung beauftragt hatte, brachen in der Hauptstadt Beirut mehrstündige Straßenkämpfe aus. Anhänger Hariris und der schiitischen Amal beschossen sich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten. Dabei wurden ein Frau getötet und drei Personen verletzt. Die Armee schickte Truppen ins Kampfgebiet. Inzwischen ist die Lage wieder ruhig.

Wie die Kämpfe ausbrachen, ist nicht klar. Möglicherweise spielten dabei Feuerwerke eine Rolle, mit denen Hariris Anhänger seine Nominierung feierten. Hariri steht dem prowestlichen Bündnis vor, das die Parlamentswahlen vor drei Wochen mit 68 der 128 Mandaten gewann. Die Opposition, die von Hisbollah geführt wird und zu der auch Amal gehört, bekam 57 Sitze.

Die jüngsten Gefechte sind bemerkenswert, weil es zuvor offenbar eine Absprache zwischen Hariri und Amal-Chef Nabih Berri gab. Nachdem Letzterer mit den Stimmen der Opposition und Hariris Partei zum Parlamentspräsidenten gewählt worden war, sprach sich eine Mehrheit der Abgeordneten aus dem prowestlichen Lager mit den Stimmen von Amal für Hariri als Regierungschef aus. Dies wurde als ein Zeichen der Stabilität des Landes gewertet. Hariri selbst sagte, die Wahl von Berri werde "die nationale Einheit stärken und den zivilen Frieden erhalten".

Nun steht dem designierten Regierungschef die schwierige Aufgabe der Kabinettsbildung bevor. Hariri hat angekündigt, eine Regierung der nationalen Einheit unter Einschluss von politischen Kontrahenten bilden zu wollen. Er strebe eine Regierung an, "die etwas erreichen kann, frei von Hemmnissen und Lähmung". Dies wurde als Hinweis gewertet, dass der künftige Regierungschef nicht bereit ist, Hisbollah und ihren Verbündeten im Kabinett ein Vetorecht einzuräumen - anders als sein Vorgänger, der im Juli vergangenen Jahres nach einer monatelangen Staatskrise ebenfalls eine Regierung der nationalen Einheit gebildet hatte.

Das faktische Vetorecht der Hisbollah hatte die Arbeit der Regierung gelähmt, dem Land aber ein Jahr der relativen Ruhe beschert. Ein weiterer Streitpunkt könnte die Bewaffnung der Hisbollah sein, deren Miliz stärker ist als die libanesische Armee. Die schiitische Organisation lehnt eine Entwaffnung ab mit dem Argument, dass noch ein Teil des Landes, die Gegend der sogenannten Sheeba-Farmen, israelisch besetzt sei.

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