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Roskilde-Festival 2009Schweiß auf Gänsehaut

Die Hitzewelle beim dänischen Festivalklassiker sorgte für Euphorie. Junge Folkbands stahlen mit mehrstimmigen Harmoniegesängen den bocklosen Oasis-Brüdern die Schau.

Nick Cave - jetzt ohne Schnurrbart (bedauert unser Autor - mit Schnurrbart). Bild: dpa

Was haben wir geschwitzt! Selten war eine reinigende Dusche so nötig. Und siehe da, es kam sogar Körperbräune zum Vorschein, denn das Roskilde-Festival in Dänemark erlebte sein bestes Wetter seit 33 Jahren: durchweg sonnig und trocken bei Spitzentemperaturen um 29° Celsius.

Matsch gabs nur in der Nähe von Sträuchern, Pissrinnen und den andauernd überlaufenden Stehklos, was die dänischen Festivalkids nicht wirklich zu jucken schien. Je länger das Festival lief, desto öfter sah man irgendwo jemand in die Hocke gehen, um hier und jetzt das Geschäft zu verrichten.

Auf den Campingplätzen geschah das noch viel häufiger, fiel in dem chaotischen Wust aus Staub, Dreck, Zelten und Bergen von Müll aber gar nicht weiter auf. Schweiß rann an den Körpern hinunter und verteilte sich auf den ganzen Staub. Wenigstens konnte man auf den extrakomfortablen (aber auch langweiligeren) Journalisten-Zeltplätzen duschen.

Doch nach nur zwei Minuten bei den Fleet Foxes im Arena-Zelt war man schon wieder am ganzen Körper durchnässt. Das schuf Nähe zur Band: Es tropfte ihnen aus den Vollbärten hinab auf die nackten Füße, die Karo-Hemden standen weit offen. Alles schön Siebzigerjahre, alles schön Woodstock. Die eh fantastischen Folkpopsongs der Band mit mehrstimmigen Harmoniegesängen kamen live noch mal intensiver daher. "White Winter Hymnal" bei gefühlten 40° C - auch ein schweißnasser Rücken kann Gänsehaut empfinden. Ähnlich großartig war wenig: The Pains Of Being Pure At Heart aus New York, standesgemäß schüchtern bei ihrem ersten Roskilde-Festival, rockten die Leute mit ihren klebrig-süßen Shoegazepopsongs ziemlich doll. Dass dabei viel an schon da gewesenes erinnert (The Jesus And Mary Chain, My Bloody Valentine) - geschenkt.

Die richtig große Band fehlte im Line-up allerdings. Letztes Jahr spielten Neil Young und Radiohead. Weder die Headliner Pet Shop Boys mit albernen Tänzern noch die bocklosen Oasis hatten diese Größe. Vor allem die Gallagher-Brüder gingen einem gehörig auf die Nerven, lahme Songs, arrogante Posen, vorhersehbare Ansagen: "Live Forever" für die neun Toten vom Jahr 2001. Das war zu wenig.

Seinerzeit waren bei Pearl Jam vor der Orange Stage in einer Massenpanik neun Festivalbesucher zu Tode getrampelt worden. Daran erinnern heute nicht nur die neun Birken, die für die Toten gepflanzt wurden. Auch das Ampelsystem, das regelt, wann wie viele Menschen in die ersten Reihen dürfen, wurde nach dem Unglück eingeführt. Sieht vielleicht ein bisschen albern aus, funktioniert aber super.

Überhaupt ist Roskilde eins der friedlichsten Festivals ever. Was auch daran liegt, dass es (abgesehen von 25 Festangestellten) von 25.000 Freiwilligen getragen wird. Die arbeiten unter anderem als Security mit Leuchtwesten, auf denen aber nicht "Security" steht, sondern "Crowd Safety". Die "Crowd Safety" schaut nicht (wie auf deutschen Festivals) grimmig drein, sondern verteilt kostenlos Wasser an alle.

Pete Doherty verteilte Dosenbier an das jubelnde Publikum und spielte ansonsten erstaunlich pünktlich und erstaunlich konzentriert ein geiles Akustik-Set aus Songs der Libertines, Babyshambles und eigenen neuen Sachen. Einen ähnlich konsequenten Streifzug durchs Oeuvre gabs bei Nick Cave and The Bad Seeds, die in der Nachmittagshitze die für 40.000 Leute ausgelegte Orange Stage derbe rockten. Einzige Enttäuschung: Nick Cave trägt keinen Schnurrbart mehr.

Roskilde ist nicht nur deswegen unser Lieblingsfestival, weil so geile Bands spielen, weil es so friedlich ist und weil so viele so gut aussehende nordeuropäische Menschen hier herumlaufen. Es ist immerhin auch eine Benefiz-Veranstaltung, die ihren Gewinn spendet. Das Thema in diesem Jahr war der Klimawandel. 343.000 Euro fließen in ein entsprechendes Projekt nach Malawi. BENJAMIN WEBER

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5 Kommentare

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  • H
    hendrik

    dafür mag ich die taz,

    das auch mal n bisschen subjektivität einfließt.

    ich freu mich, das der autor schreibt was er schreibt...denn es geht um ein festival,

    und wenn da ne band nur rumsteht,

    dann kann man das auch als langweilig bezeichnen.

     

    jedenfalls hat er mich fürs nächste jahr gewonnen !

  • G
    Gunther

    Soweit ich weiß waren es 8 statt 9 Tote im Jahre 2000 und nicht 2001.

  • S
    Stephan

    also ich schließe mich dem kommentar von socko an.

    außerdem: wenn man schon nicht dort war, sollte wenigsten genau nachgelesen werden!

    Pearl Jam war 2000!!!

    Stephan

  • S
    socko

    ich mag es nicht, wenn in einer derartigen rezension der musikgeschmack des autoren so in den vordergrund springt. einerseits neil young und radiohead attestieren, sie seien die verkörperung eines "echten"headliners, aber dann der "bocklosigkeit" von oasiss(die , wie man hörte, grade DA extreme spielfreude an den tag legten. btw: dem autoren ist schon bewusst, dass oasis stets nur herumstehen?für ihre verhältnisse war es just bei diesem auftritt ein wenig anders. sicher: liam gallagher sprang nicht wie axl rose über die bühne, aber.....das ist eben oasis. die songs sind geschmackssache. ebenso kann man young und radiohead vorwerfen, sie würden "lahme" songs spielen.bei letzteren würden viele aus meinem umfeld inzwischen-wie auch ich -grade dies behaupten.woher nimmt der autor diese plumpe dreistheit, einfach sein subjektives empfinden quasi als musikgeschmackliches allgemeingut in diesem bericht zu verwursten?

    man kann sagen, dass "mir" , also dem autoren, diese band im allgemeinen zu langweilig rüberkam. aber dieser pubertäre hinweis, vorwiegend "lahme" songs dargeboten bekommen zu haben......da erwarte ich von einem sogenannten journalisten mehr, bzw. weniger;)

  • D
    daniel

    also ich kann mir nicht helfen. Auf dem Foto sieht Nick Cave aus wie Guildo Horn...