Prozess gegen Anitmilitaristen: Totalverweigerer verurteilt
Ein 21-Jähriger bekommt drei Monate Haft auf Bewährung. Im Gerichtssaal protestieren rund 30 Unterstützer lautstark gegen Kriegsdienst.
Georg F. hätte im September 2008 seinen Zivildienst antreten müssen, ist aber nicht erschienen. Am Mittwoch steht der 21-Jährige vor dem Amtsgericht, wegen Dienstflucht. Der Prozess beginnt mit Verspätung. Die Kontrollen am Eingang seien an diesem Tag "besonders intensiv", bemerkt F.s Verteidiger. Auf die 30 Prozessbesucher solle noch gewartet werden, fordert er. 20 Minuten später ist der Saal bis auf den letzten Platz besetzt - zumeist mit Unterstützern von Georg F. Zwei Frauen tragen T-Shirts mit der Aufschrift "Deutschland totalverweigern" und "Bundeswehr wegtreten".
Mit dem Gericht möchte Georg F. nicht groß reden, das gehe gegen seine Überzeugung. Er verliest eine dreiseitige Erklärung. So ist für F. die Selektion in "leistungsfähige und nutzlose Körper" bei der Musterung ein "Spiegelbild dieser Gesellschaft". Er bezeichnet Zivildienst als "Kriegsdienst" und erklärt weiter: "Um im Ausland Kriege zu führen, braucht es ein ruhiges Hinterland." Das Publikum applaudiert und jubelt ihm zu, als er seine Erklärung beendet. Einige Zuschauer entrollen Transparente: "Desertieren statt Funktionieren" und "Stop War" steht darauf.
Die Richterin ordnet daraufhin die Räumung des Saals an: Alle - auch Pressevertreter und Personen, die nicht geklatscht haben - müssen den Saal verlassen. Etwa 50 Justizbeamte schieben F.s Unterstützer reichlich grob aus dem Gebäude und erteilen Hausverbot.
Danach wird die Verhandlung fortgesetzt, ungestört. Die Richterin verurteilt F. zu drei Monaten Haft auf zwei Jahre Bewährung. "Ich werde auch weiterhin an einer besseren Zukunft arbeiten", erklärt Georg F. nach der Verkündung des Urteils. Die Freiheitsstrafe ist dafür wohl der Preis. Tilla Masberg
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