piwik no script img

Übernahme Sal.OppenheimDas leise Ende einer lauten Privatbank

Die Deutsche Bank setzt mit der Übernahme des Reichen-Bankhauses Sal. Oppenheim ihre Expansionsstrategie fort.

Bislang exklusiver Club für Superreiche: die Privatbank Sal.Oppenheim in Köln. Bild: ap

Die Deutsche Bank ist bei Europas größter Bank für Superreiche, der Sal. Oppenheim, eingestiegen. Zunächst springt sie den in Finanznöten geratenen Eigentümerfamilien mit einem Kredit von 300 Millionen Euro bei. Das bestätigte das Institut am späten Dienstag. Damit dürfte das Ende der Privatbank bevorstehen. Der Großkredit gilt in Finanzkreisen als erster Schritt zu einer freundlichen Übernahme.

Deutschlands größtes Kreditinstitut verhandelt derzeit mit Sal. Oppenheim weiter über den Einstieg und will sich nach Informationen aus der Frankfurter Finanzszene in einem ersten Schritt zwischen 30 und knapp unter 50 Prozent der Privatbankengruppe einverleiben. Dass die Deutsche Bank das hochkarätige Geldhaus in einem zweiten Schritt ganz übernehmen will, gilt als offenes Geheimnis.

Damit folgt das legendäre Bankhaus des kölschen Klüngels notgedrungen dem Weg, den fast allefrüheren Privatbanken genommen haben, die einst den Aufstieg des deutschen Kapitalismus finanziert hatten und heute großen Aktiengesellschaften gehören. Die Eigentümerfamilien Oppenheim und Ullmann haben sich mit dem über 220 Jahre alten Bankhaus offensichtlich übernommen.

An sich verwalten Privatbankiers - in Deutschland gibt es nur noch ein Dutzend - still und leise die Millionen von Millionären, gelegentlich auch die Milliarden von Milliardären. Stattdessen kaufte Sal. Oppenheim lauthals die frühere Großbank BHF, stieg aggressiv ins Investmentbanking ein und übersiedelte vor zwei Jahren von Köln in das mit freizügigen Finanzmarktgesetzen gesegnete Luxemburg.

Noch Ende vergangenen Jahres beteiligte sich Oppenheim mit fast 30 Prozent beim schon damals schwer angeschlagenen Handelskonzern Arcandor (Karstadt). Aktuell dringen Gerüchte aus der Bank, wonach iranische Kunden, zum Ärger der US-amerikanischen Regierung, rund 6 Milliarden Euro in der von jüdischen Familien gegründeten Bank angelegt haben sollen. Aus der einst intimen Privatbank ist so längst ein öffentliches Haus mit schlechter Finanzpresse geworden. Und das Rad, das die 40 Eigentümerfamilien drehten, wurde ihnen mit der globalen Finanzkrise zu groß. 2008 musste Oppenheim erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wegen der Beteiligung an Krisenfirmen und hoher Verluste im Aktienhandel ein Minus hinnehmen - und zwar von fast 120 Millionen Euro.

Für die Deutsche Bank, zu deren Gründern 1870 viele Privatbankiers gehörten, bietet die Schwäche Oppenheims eine Chance, ihre Mehrmarkenstrategie weiter auszubauen. Schon bald kommen Millionen meist kleine Kunden durch die Übernahme der Postbank zur Deutschen Bank. Dann befinden sie sich alle unter einem einzigen Konzerndach: die Kleine-Leute-Postbank und die Millionärsbank Sal. Oppenheim sowie die regionale Berliner Bank und die auf Ratenkredite spezialisierte Norisbank. Die Deutsche Bank, die weltweit auch eine der führenden Investmentbanken ist, wäre damit wieder dort angekommen, wo sie in den Neunzigerjahren schon einmal war: Die Universalbank ist breit aufgestellt und wickelt alle Geschäftsarten ab, vom privaten Kleinkredit bis zur milliardenschweren Übernahme eines Industriekonzerns.

Bei Sal. Oppenheim scheinen die DB-Strategen um Josef Ackermann vorwiegend an der Vermögensverwaltung interessiert zu sein. Dagegen dürften die Jobs im eher kleinen Investmentbanking wackeln. Europas führendes Privatbankhaus betreute Ende 2008 Vermögen reicher Kunden von 132 Milliarden Euro - kaum weniger als die Deutsche Bank. Ob die wohlhabende Kundschaft auf deren Rat Wert legt, muss die Zukunft zeigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!