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So richtig die Kritik auch ist - ich sehe jedoch dieselben Prämissen im Weltbild von Jan Kahlcke wie bei den von ihm bemängelten Politiker/innen. So steht hier:
"Erfolgreiche politische Bildung wirkt präventiv - indem sie demokratische Errungenschaften erfahrbar macht. Dafür braucht es viel Geld, langen Atem und spezialisierte Pädagogen [...]."
Auch Herr Kahlcke geht davon aus, dass sich Demokratie erfahren lasse durch spezialisierte Menschen (hier Pädagog/innen, dort VS-Mitarbeiter/innen) innerhalb unseres Schulsystems.
Nun ist aber unser Schulsystem ein zutiefst undemokratisches System, das sich (in Form von Schulgründungs-Ablehnungen durch die Schulbehörden) mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass demokratische Alternativen zugelassen werden - auch wenn es in Berlin und Hamburg mittlerweile öffentlich erste demokratische Schulkonzepte gibt, aber immer mit diversen Abstrichen. In manch anderen Ländern sind demokratische Schulen (u.a. nach dem Vorbild der Sudbury Valley School, teilweise angelehnt an A.S.Neills Summerhill School) zugelassen oder gar als staatliche Schulen betrieben, so in Israel.
In diesen Schulen stellen Demokratie und Selbstbestimmung den Kern des Schulwesens dar, dementsprechend intensive Erfahrungen machen die Schüler/innen in Bezug auf gelebte Demokratie.
Selbst wenn spezialisierte Pädagog/innen bezahlt würden, um an unseren Schulen "Demokratie zu lehren", bliebe dieses immer Augenwischerei - denn wir sind qua Konzept gar nicht daran interessiert, dass unsere Kinder in demokratischen Systemen sozialisiert werden. Höchste Zeit, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es hierzu Alternativen gibt und dies von der Politik einzufordern.
In der turbulenten Sitzung im Thüringer Landtag gab AfD-Alterspräsident Treutler eine armselige Vorstellung. Das Gute: Demokratische Parteien arbeiteten zusammen.
Kommentar Verfassungsschutz in Schulen: Gegengift statt Prävention
Den Einsatz der Abteilung Horch und Guck beim Zurückgewinnen verlorener Schäfchen für die Demokratie kann man kurios finden. Dramatisch ist dagegen Schünemanns eindimensionales Verständnis von politischer Bildung, Extremismus ließe sich quasi durch Injektion eines demokratischen Gegengiftes bei Gefährdeten bekämpfen.
Bisher ist der Verfassungsschutz mit mehr oder weniger unsittlichen finanziellen Angeboten an die Bürger herangetreten. Jetzt hat er also auch politische Bildung im Portfolio. Die Geheimdienstler werden sich eine neue Ansprache ausdenken müssen: Keine diskreten Treffen im Zwielicht mehr, sondern eher Open House bei Kaffee und Kuchen.
Kann das funktionieren? Die neuen Angebote zur Abwehr von Extremismus richten sich ja an Menschen an den Rändern des demokratischen Spektrums, normalerweise Objekt der Beobachtung. Ihr Vertrauen in die Behörde ist entsprechend schwach. Da kann man schon mal die Frage nach Bock und Gärtner stellen, nicht nur wegen der Geschichte vom Celler Loch bis zu agents provocateurs in der NPD, in der sich die Geheimdienstler nicht immer als Musterdemokraten erwiesen haben.
Den Einsatz der Abteilung Horch und Guck beim Zurückgewinnen verlorener Schäfchen für die Demokratie kann man kurios finden. Dramatisch ist dagegen Schünemanns eindimensionales Verständnis von politischer Bildung, Extremismus ließe sich quasi durch Injektion eines demokratischen Gegengiftes bei Gefährdeten bekämpfen. Erfolgreiche politische Bildung wirkt präventiv - indem sie demokratische Errungenschaften erfahrbar macht. Dafür braucht es viel Geld, langen Atem und spezialisierte Pädagogen - in Niedersachsen alles gestrichen.
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Kommentar von
Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
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