Mendelsohn-Stfitung gegründet: Der ungeliebte Moderne
Warum Berlin seit Sonntag eine Erich Mendelsohn-Stiftung hat.
Als sich der Berliner Architekt Helge Pitz 1992 für die "Villa Bejach" interessierte, sagte ihm der Makler, das Landhaus in Steinstücken sei "original Bauhaus". Dabei wusste es Pitz besser: "Die Villa hatte 1927 Erich Mendelsohn gebaut, und der war kein Bauhaus-Architekt." Gekauft hat Helge Pitz trotzdem, seit Sonntag ist die "Villa Bejach" Sitz der neuen Erich Mendelsohn-Stiftung.
Seit 2008 hat Berlin mit sechs Siedlungen der Moderne sein drittes Weltkulturerbe erhalten. Doch mit der Architektur der zwanziger Jahre täten sich die Berliner schwer, meint Pitz. "Vor allem die Politik muss begreifen, welches Kulturgut wir mit dem neuen Bauen haben." Seine Stiftung wolle dabei helfen.
Das muss sie auch. Unter den Vertreterern der Moderne ist Erich Mendelsohn noch immer ein Unbekannter, obwohl er mit dem Einsteinturm (Potsdam)und dem Kino Universum (heute Schaubühne) zwei architekonische Landmarken in der Region hinterlassen hat.
Doch Mendelsohn war Jude, und mancher, wie sein Biograf Bruno Zevi, argwöhnt, dass er als solcher von den Großereignissen der Moderne - etwa der Stuttgarter Weißenhof-Ausstellung - ferngehalten woren sei. "Hier", sagt Helge Pitz, "besteht noch großer Forschungsbedarf."
Das gilt auch für das vielleicht umstrittenste Werk des Architekten, das "German Village" in der Wüste von Utah. Dort hat Mendelssohn 1943 einen Block mit Berliner Mietskasernen nachgebaut, damit die US-Luftwaffe den Bompenkrieg üben konnte. Für den US-Soziologen Mike Davis auch eine Rache für die Erfahrungen in Deutschland.
Anderorts ist Mendelsohn übrigens wieder zum Star posthum avanciert. In Breslau gelten seine Villen und das Kaufhaus Petersdorff als Ikonen der Moderne - ob Bauhaus oder nicht.
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