Neue Regierung handelt: Japan setzt auf Binnennachfrage

Neue Regierung unter Führung der Demokratischen Partei greift durch: Sie streicht Staudammprojekte und verbietet Leiharbeit. Mehr Sozialhilfe und höherer Mindestlohn.

Premierminister Yukio Hatoyama hat es eilig, das Geld zusammenzutragen, um sein Wahlversprechen einer "brüderlichen Gesellschaft" zu erfüllen. Bild: reuters

Premierminister Yukio Hatoyama hat es eilig, das Geld zusammenzutragen, um sein Wahlversprechen einer "brüderlichen Gesellschaft" zu erfüllen. Noch vor seiner Abreise zur UN-Vollversammlung in New York wies der 62-Jährige sein Kabinett an, das 104 Milliarden Euro umfassende Konjunkturpaket der Vorgängerregierung aufzuschnüren. Bis Anfang Oktober sollen die Minister herausfinden, wie viele Milliarden davon noch übrig sind, und sie sollen "verschwenderische" Vorhaben stoppen - zum Beispiel ein nationales Manga-Museum. Es gehe um "mehrere Billionen Yen", das sind je 7,5 Milliarden Euro, erklärte Finanzminister Hirohisa Fujii. Infrastrukturminister Seiji Maehara kündigte an, zwei Staudämme, die zusammen 6 Milliarden Euro kosten, nicht mehr weiterzubauen. Alle neuen Dämme würden auf ihre Notwendigkeit überprüft.

Mit dem eingesparten Geld will die Regierungskoalition unter Führung der Demokratischen Partei die Abgaben senken und das soziale Netz verstärken. Dahinter steht das neue wirtschaftspolitische Ziel, die Kaufkraft der Verbraucher zu erhöhen und die Binnennachfrage zu stärken. Dadurch soll die Konjunktur unabhängiger vom Exportgeschäft werden. Nach eigener Berechnung braucht die neue Regierung dafür im ersten Jahr 53 Milliarden Euro. "Dieses Geld haben wir schon zusammen", versicherte Hatoyama, der Japans Rekordschuldenberg nicht weiter erhöhen will.

Wohlfahrtsminister Akira Nagatsuma kündigte neue, verbesserte Richtlinien für Sozialhilfe an. Bisher bekommen nur 1,3 Prozent der Bevölkerung Sozialhilfe. Ein Kindergeld von zunächst 100 Euro monatlich und die Abschaffung der Schulgebühren sollen die jüngeren Generationen zu mehr Babys ermutigen. Die Zeit- und Vertragsarbeit im produzierenden Gewerbe sollen verboten und der Mindeststundenlohn schrittweise auf 1.000 Yen, das sind 7,50 Euro, angehoben werden. Finanzminister Fujii bekräftigte, 2010 die Benzinsteuer von 18 Cent je Liter abzuschaffen. Mit dieser Steuer werden bislang neue Straßen gebaut, doch viele davon seien überflüssig.

Auch den Kampf gegen die Beamtenmacht hat die neue Regierung schon aufgenommen. "Jetzt ist die Zeit gekommen, das bürokratische System durch etwas Neues zu ersetzen", so Hatoyama. Als Erstes untersagte er alle Pressekonferenzen von Beamten. Entscheidungen würden nur noch von Politikern mitgeteilt. Vize-Regierungschef Naoto Kan baut ein nationales Strategiebüro auf, das den Kurs in der Fiskal-, Wirtschafts- und Technologiepolitik festlegen wird. Bisher wurde Japan de facto von Beamten regiert, während die Minister ständig wechselten.

Schließlich bekamen die Banken zu spüren, dass die Zeiten des "Marktfundamentalismus" (Hatoyama) vorbei sind. Der neue Staatsminister für Finanz- und Postdienste, Shizuka Kamei, verlangte, dass kleine und mittlere Firmen ihre Kredite bis zu drei Jahre nicht zu tilgen brauchen. Dazu kündigte Kamei an, die Privatisierung der Post, die Ende 2010 beginnen sollte, zu überprüfen.

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