Ökostrom: Grüner Etikettenschwindel

Immer mehr Anbieter beleben den Hamburger Markt. Der Umwelt hilft das nicht immer. Denn der saubere Strom wird oft nicht selbst produziert, sondern zugekauft.

Vielleicht ist da nur ein Ramsch-Mix drin: Stromleitungen im Norden Bild: dpa

Sie heißen Natur Pur, Prima Klima, Tor zur Welt und Horizonte, klingen fortschrittlich und nachhaltig: die Ökostrom-Tarife für Hamburg. Vor einem Monat haben die Stadtwerke Hamburg den Stromversorger Hamburg Energie gegründet. Und seit Sommer ist auch der hessische Anbieter Entega im Norden aktiv und hat laut Entega-Sprecher Karl-Heinz Koch bereits 2.000 Kunden gewonnen. "Die Menschen in Hamburg wissen, was Ökostrom ist", sagt er.

Doch genau das wissen eigentlich nur wenige. Denn es gibt nicht nur etliche neue Ökostrom-Tarife, sondern mindestens ebenso viele Zertifikate, Labels und Siegel, die Strom als umweltfreundlich ausweisen. Manchmal stimmt das mehr, manchmal weniger. So vertreibt die RWE-Tochter Eprimo in ihrem Tarif Prima Klima Strom, der zu 100 Prozent aus Wasserkraftwerken in Österreich stammt und vom TÜV zertifiziert wurde. Strom aus Wasserkraft aber ist umstritten, zumal er oft aus alten, die Landschaft zerstörenden Anlagen kommt.

Zudem hat RWE auch Atomstrom im Programm. Deshalb hat der Deutsche Naturschutzring zur "Opposition an der Steckdose" aufgerufen. Um den Atomausstieg zu beschleunigen, solle man sich für einen Anbieter entscheiden, der komplett auf Atomkraft verzichte, heißt es da. Stromanbieter, die einem der AKW-Betreiber Vattenfall, RWE, Eon oder EnBW gehören, schieden somit aus.

Entega gibt sich unabhängig und will laut Sprecher Koch mit Ökostrom-Tarifen die vier Großen angreifen. Dafür verzichte man seit 2008 komplett auf Atomstrom für Privatkunden. Doch am Entega-Mutterkonzern Südhessische Energie AG (HSE) ist Eon über eine Tochterfirma mit 40 Prozent beteiligt. Und bei Entegas Ökostrom stammen bisher noch gut 90 Prozent aus Wasserkraftwerken.

Wasserkraft werde zwar als ökologisch sinnvoll bewertet, sagt Jörg Huber von der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Zukauf von Strom aus Wasserkraftwerken ändere aber nichts am gesamten Stromangebot. "Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Stromerzeuger auch in weitere Quellen investiert", sagt Huber. HSE immerhin wolle bis 2013 eine Milliarde Euro in Offshore-Windenergie investieren, beteuert Entega-Sprecher Koch. Der Hochsee-Windpark "Global Tech I" soll mit einer Leistung von 400 Megawatt 460.000 Haushalte versorgen.

In saubere Energien investieren will auch Hamburg Energie, eine 100-prozentige Tochter der Hamburger Wasserwerke. Zwar will der neu gegründete Anbieter zunächst zum Großteil Strom aus Wasserkraftwerken in Österreich liefern. Langfristig soll die Energie aber aus eigenen Anlagen kommen. So habe man bereits 25 Millionen Euro in zwei Windanlagen auf dem Klärwerk Dradenau investiert, sagt eine Sprecherin. Sie sollen ab 2010 Strom für 8.000 Haushalte liefern. Weitere Investitionen seien geplant.

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