Schwarz-Rot in Thüringen: Bündnis auf Pump
In Erfurt einigen sich CDU und SPD auf einen Koalitionsvertrag. Dabei macht die Union große Zugeständnisse. Doch die Versprechen stehen unter Finanzierungsvorbehalt.
Der wichtigste Satz der Koalitionsvereinbarung steht gut getarnt auf Seite fünf. CDU und SPD sind sich einig, "dass die Festlegungen dieser Koalitionsvereinbarung nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel und auf Grundlage der Haushaltsberatungen umgesetzt werden". Die übrigen 64 Seiten des Vertrages stehen damit angesichts des erwarteten Milliardenlochs im Landeshaushalt unter einem Finanzierungsvorbehalt. Klar ist jedoch: Angesichts ihrer komfortablen Situation gegenüber der CDU hat die SPD einige Achtungserfolge erzielen können.
Um weiter regieren zu können, war die Union nach dem Verlust der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl Ende August auf die SPD als Koalitionspartner angewiesen. Der im Landesvorstand dominierende Flügel des Parteivorsitzenden Christoph Matschie war der CDU nach dem Rücktritt des Exministerpräsidenten Dieter Althaus entgegengekommen.
Matschie stellte denn auch zur Beruhigung seiner rebellischen Partei die SPD-Einflüsse im Vertrag groß heraus. So stimmt die CDU den geforderten 2.000 Erzieherinnenstellen in Kindertagesstätten zu - falls sie bezahlbar sind. Das Recht auf einen Krippenplatz schon ab dem zweiten Lebensjahr hatte bereits die CDU als Wahlkampfköder ausgeworfen. Der Abbau von Stellen bei der Polizei wird gestoppt, eine Polizeireform allerdings erst 2010 angegangen. Der Juso-Landesvorsitzende Peter Metz freute sich besonders darüber, dass Studiengebühren generell nicht erhoben werden und vor allem die bisherige Verwaltungsgebühr von 50 Euro pro Semester wieder abgeschafft wird.
Beim Thema Wirtschaft fällt die Orientierung auf erneuerbare Energien auf. Ein "Zukunftsatlas" und ein "Fachkräftemonitor" bleiben allerdings recht schwammig. Umweltschützer werden sich freuen, dass die Einleitung von Kali-Laugen in die Werra gestoppt werden soll. Ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus ähnlich wie in Sachsen zeichnete sich schon nach einer gemeinsamen Erklärung aller Landtagsfraktionen im September ab. Ihre Kommunalpolitiker konnte die SPD mit der Wiedereinführung der Stichwahl zufriedenstellen, die die CDU kürzlich nach für sie bescheidenen Ergebnissen in den ersten Wahlgängen abgeschafft hatte. Bei Theatern und Orchestern soll es keine weiteren Standort- und Fusionsdebatten geben.
Gescheitert ist die SPD mit dem Vorhaben einer Gebiets- und Funktionalreform. Statt genereller Mindestlöhne sollen "faire Löhne" gezahlt werden, eine Erweiterung der Mindestlohn-Branchen aber geprüft werden. Das Kita-Volksbegehren, das bessere Betreuung gegenüber Direktzuschüssen an die Familien favorisiert, soll erst 2010 umgesetzt werden. Dürftig bleibt das Ergebnis auf dem von der SPD im Wahlprogramm favorisierten Bildungssektor. Nur die Option auf Gemeinschaftsschulversuche und ein Bildungs-Freistellungsgesetz für Arbeitnehmer sind übrig geblieben.
Der Linken-Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow sprach von einer "Koalition der Stagnation", die das System Althaus fortsetze. Nun müssen je ein CDU- und SPD-Parteitag am kommenden Sonntag noch dem Vertrag zustimmen.
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