Gesundheit: AOK hilft Gipsbeinträgern

Wer nach einer Operation pflegebedürftig ist, fällt in eine "ambulante Versorgungslücke": Die Bremer AOK will sich an einem Modellversuch beteiligen.

Nicht alle haben das Glück, nach der Operation rundum versorgt zu werden. Bild: dpa

Schon im ersten Halbjahr 2010, so kündigte AOK-Vorstandsmitglied Manfred Adryan an, könnte eine "ambulante Versorgungslücke" geschlossen werden. Jedenfalls in Bremen und dort nur für Mitglieder der AOK, die mit zwei Kliniken einen Kooperationsvertrag schließen will. Das Problem: Immer mehr Patienten werden nach immer kürzerer Zeit im Krankenhaus "blutig entlassen", wie es im Mediziner-Jargon heißt, und wenn sie zu Hause allein nicht zurecht kommen, dann hilft ihnen oft niemand.

"Dass es Probleme gibt, haben die Fachleute im Bundesministerium für Gesundheit anerkannt", berichtete der Bremer Sozialpolitik-Experte Gerd Glaeske auf einer Fachtagung am Freitag in der bremischen Bürgerschaft. Für Mütter, die Kinder unter 12 Jahren haben, sieht der Gesetzgeber den Anspruch auf eine Haushaltshilfe vor, wenn sie etwa nach einem Beinbruch entlassen werden mit der Maßgabe, zu Hause das Bein hoch zu legen und möglichst wenig zu belasten. Auch Sozialhilfe-Empfänger haben Ansprüche auf Hilfe - alle anderen aber müssten sich Hilfe aus privater Tasche bezahlen, sofern sie keine Familienangehörigen oder Nachbarn haben, die das kostenfrei tun. Früher hatten die Krankenhäuser ein finanzielles Interesse daran, ihre Betten ein paar Tage länger mit Patienten, die nur alltäglichen Hilfebedarf hatten, zu belegen. Nach dem System der "Fallpauschalen" kosten solche Patienten nur noch, die Kliniken verdienen umso mehr, je früher sie die Patienten entlassen.

Wie vielen Menschen ist es zuzumuten, die Hilfe nahe stehender Menschen in Anspruch zu nehmen, wie vielen ist zuzumuten, die Hilfe zu bezahlen, wie viele brauchen wirklich die Hilfe der Krankenkasse? Das sind Fragen, die in einem Bremischen Modellversuch geklärt werden sollen. Der Medizin-Fachmann Hans-Georg Güse, der auch Berater des Vereins ambulante Versorgungslücken ist, berichtete, dass in einem Jahr rund 50 möglicherweise "Betroffene" sich an den Verein gewandt haben.

Klaus Gunder vom Bundesverband der Ersatzkassen bestritt auf der Bremer Tagung schlicht, dass es eine Versorgungslücke gebe. Er stellte die "Sinnhaftigkeit" zusätzlicher Hilfeangebote, die die Kassen belasten könnten, infrage. "Das wundert mich", konterte Adryan von der Bremer AOK, aber auch bei der AOK gebe es auf Bundesebene noch Diskussionen, räumte er ein. Es sei auch schwer zu objektivieren: In Migranten-Familien gebe es kaum eine Lücke, sagte er, weil dort die innerfamiliäre Hilfe noch selbstverständlich sei, die "Versorgungslücke" sei offenbar ein Großstadtproblem. So wird auch im Landesverband Bremen der Ersatzkassen das Thema nicht so schroff abgelehnt wie auf Bundesebene. "Wir diskutieren das", korrigierte Christiane Sudek, Sprecherin des Bremer Ersatzkassen-Verbandes, den Vertreter ihres Bundesverbands.

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