Oettinger wird EU-Energiekommissar: Schwabens Mister 100.000 Volt

Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) soll die europäische Energiepolitik anführen. Umweltexperten sind entsetzt und befürchten energiepolitischen Stillstand.

Einer, von dem Greenpeace "das Schlimmste" erwartet: Günter Oettinger. Bild: ap

Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg soll neuer Energiekommissar der EU werden. Das teilte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Freitag in Brüssel bei der Vorstellung der zukünftigen EU-Kommission mit. "Energie ist eines der wichtigsten Ressorts", sagte Barroso, der Oettinger am Freitag große Erfahrungen in Energiefragen bescheinigte.

Das neue Amt bringt für Oettinger herausfordernde Aufgaben mit sich. Er muss einen Binnenmarkt für Energie schaffen, sich um die Sicherheit und Effizienz der Energieversorgung kümmern und dazu beitragen, dass die energieintensiven Industrien weniger auf Kohle, Öl und Gas angewiesen sind. Die Kompetenz für Klimafragen liegt jedoch nicht im Entscheidungsbereich des 56-jährigen Schwaben. Dafür wurde in der EU-Kommission erstmals ein Klimaressort geschaffen, das von der Dänin Connie Hedegaard geleitet wird. Nun muss das Europaparlament die Vorschlagsliste bestätigen, damit die 13 neuen der insgesamt 27 EU-KommissarInnen am 1. Februar 2010 ihre Arbeit aufnehmen können.

Kommissionspräsident Barroso lobte am Freitag Oettingers wirtschaftlichen Sachverstand. Davon war kurz nach der Nominierung Oettingers durch die Bundesregierung allerdings noch nichts zu hören. "Was soll das?" - mit diesem Ausruf wird Barroso in Medienberichten zitiert, als er sich damals bei deutschen Europapolitikern telefonisch über Oettinger erkundigte.

In umweltpolitischen Kreisen löste die Berufung Oettingers Kritik aus. "Das ist eine ganz schlechte Wahl für Europa", sagte Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer am Freitag. Oettinger stehe für "Schrott-Atomkraftwerke" wie Neckarwestheim I und für die Behinderung des Ausbaus der Windenergie. "Die Wahl lässt das Schlimmste für die zukünftige EU-Energiepolitik befürchten", sagte Münchmeyer.

Auch Gerd Rosenkranz, Politikchef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), äußerte sich enttäuscht: "Wir hätten uns einen zukunftsfähigeren Energiekommissar gewünscht", sagte Rosenkranz der taz. "Ich glaube nicht, dass vom Atomkraftbefürworter Oettinger die dringend benötigten Impulse für eine veränderte Energiepolitik ausgehen werden", sagte Rosenkranz. Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sieht Oettingers Berufung "mit großen Bedenken". "Oettinger steht für eine alte Energiepolitik", sagte Fell der taz. Der CDU-Mann setzte sich für den Neubau von Atom- und Kohlekraftwerken ein, er vertrete immer wieder die Interessen der Energiekonzerne und äußere sich kritisch zur Förderung von erneuerbaren Energien. "Die EU-Kommission hat sich im vergangenen Jahr bemüht, das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland zu Fall zu bringen. Über den Neuzugang Oettinger wird man dort nicht traurig sein", sagte Fell.

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