HDW: Deutsche U-Boote aus dem Emirat Kiel

Die weltweit modernste U-Boot-Werft an der Kieler Förde steht vor dem Teilverkauf an den Konzern Abu Dhabi Mar vom Persischen Golf. Die Bundesregierung will das militärisch sensible Vorhaben angeblich verhindern.

Die HDW-Werft in Kiel: Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium prüfen die Beteiligung der Abu Dhabi Mar Group aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an der Werft Bild: dpa

Wer künftig bei der Kieler Traditionswerft Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) das Sagen hat, ist derzeit undurchsichtig. "Wir hier sind alle überrascht", gibt Betriebsratschef Ernst-August Kiel zu. "Ein solcher Deal stand bislang nicht auf der Tagesordnung." Gemeint ist die Nachricht, dass die Bundesregierung nach deutschen Käufern für die Marine-Werft im hohen Norden sucht. Vertreter des Wirtschaftsministeriums sprächen derzeit mit zwei deutschen Unternehmen, die Interesse an einer Übernahme hätten, berichtet der Spiegel.

Anja Gerber findet das "nicht plausibel". Sie könne sich nicht vorstellen, sagt die Sprecherin des Düsseldorfer HDW-Eigentümers Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS), "dass die Bundesregierung darüber verhandelt, ohne uns zu informieren". TKMS sei "nicht involviert", versichert Gerber: "Wir reden exklusiv mit Abu Dhabi." Genau da könnte das Problem liegen.

Denn Thyssen-Krupp und der Schiffbaukonzern Abu Dhabi Mar Group aus den Vereinigten Arabischen Emiraten am Persischen Golf planen "eine langfristige strategische Partnerschaft". Grund ist die am 28. September - am Tag nach der Bundestagswahl - getroffene Entscheidung des Konzerns, sich weitgehend aus dem Handelsschiffbau zurück zu ziehen. Dazu wurden die Nordseewerke in Emden an den Windkraftanlagenhersteller Siag verkauft, das letzte Containerschiff dort wurde vorige Woche abgeliefert. Für die Tochterwerke Blohm + Voss in Hamburg und HDW in Kiel suchte Thyssen-Krupp nach einem finanzstarken Partner - und fand ihn ausgerechnet im Nahen Osten.

Nach der mit Abu Dhabi Mar am 15. Oktober getroffenen Absichtserklärung sollen die Scheichs 80 Prozent der Anteile an Blohm + Voss zum 1. Januar 2010 übernehmen. Vorgesehen sei auch eine 50-prozentige Beteiligung am Bau von Überwasserkriegsschiffen. Ab 2011 sollen auf der Werft an der Elbe vier Fregatten für die deutsche Marine gebaut werden.

Sichergestellt sei jedoch, dass TKMS "eine führende Position und das Know-how bei allen Projekten der Deutschen Marine und der Nato-Partner" behalte. Der arabische Partner werde sich auf den Markt im Nahen Osten und Nordafrika konzentrieren. Dritter Punkt der Absichtserklärung ist eine Beteiligung von Abu Dhabi Mar von 24,9 Prozent an HDW - einer der weltweit führenden Werften für U-Boote.

Nun aber müssen nach den Außenwirtschaftsgesetz Übernahmen von Waffenproduzenten von der Bundesregierung gebilligt werden. Ab einer 25-Prozent-Beteiligung besitzt sie ein Vetorecht. Sinn dieser Vorschrift ist es, unerwünschte Investoren aus dem Ausland aus sicherheitsrelevanten Unternehmen fernzuhalten. Nun prüfen Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium den HDW-Deal. Das Vorhaben "ist der Regierung bekannt", bestätigte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin. Es gäbe dazu Gespräche, allerdings nur "informationshalber", weil die Beteiligung unter der Grenze von 25 Prozent liege.

Im Kieler Wirtschaftsministerium habe man "dafür Verständnis, wenn sicherheitspolitische Aspekte abgeklopft werden", sagt Behördensprecher Harald Haase. "Direkt beteiligt und informiert sind wir aber nicht."

Dass sich die Politik in das Geschäft einmischt, findet HDW-Betriebsratschef Kiel nachvollziehbar. Schließlich gehe es bei Neubauten und Reparaturen hauptsächlich um öffentliche Aufträge, "und militärische Sachen sind natürlich immer besonders sensibel". Deshalb sei es auch aus Sicht der Belegschaft wichtig, dass die Araber "ein Finanzpartner sind und bleiben". Keinesfalls aber dürfe Abu Dhabi Mar "in das strategische Geschäft eingreifen".

Die Minderheitsbeteiligung "ist machbar", sagt Kiel. "Prekär" würde die Sache allerdings bei einer aktienrechtlichen Sperrminorität, die bei über 25 Prozent einsetzt. "Unser Know-how im U-Boot-Bau ist unser Schatz", sagt Kiel nicht ohne Stolz, "das dürfen wir uns nicht abgreifen lassen."

So ähnlich wird das offenbar auch in Berlin gesehen. Ob TKMS und Abu Dhabi zum 1. Januar die erhoffte Genehmigung erhalten, ist derzeit offen.

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