Ben Bernanke bleibt Fed-Chef: "Das Ausmaß der Krise unterschätzt"

Fed-Chef Ben Bernanke wird vorgeworfen, dieselben Fehler wie damals Alan Greenspan in der "New Economy" Blase gemacht zu haben. Dennoch wurde er jetzt für eine zweite Amtszeit berufen.

Normal ist die Situation diesmal nicht. Bild: reuters

Gerade hat das US-Magazin Time Ben Bernanke als "Person des Jahres" auf sein Titelblatt gehoben. In der Finanzkrise wäre ohne den Chef der US-Notenbank Fed "alles viel schlimmer gekommen", so die Begründung. Dieser Einschätzung schloss sich jetzt der Bankenausschuss des Senats in Washington an. Mit 16 zu 7 Stimmen votierte er für eine Verlängerung von Bernankes Amtszeit um vier Jahre.

Damit ist es ziemlich wahrscheinlich, dass der ursprünglich vom republikanischen Präsidenten George Bush nominierte und dann von Barack Obama erneut vorgeschlagene ehemalige Princeton-Professor weiter die Fed leitet. Denn normalerweise schließt sich der Senat dem Votum des Bankenausschusses an.

Doch normal ist die Situation diesmal nicht. Bernanke braucht nicht nur eine einfache Mehrheit, sondern 60 Prozent der Stimmen im Senat, weil der parteilose Senator Bernie Sanders aus Vermont ein Veto eingelegt hat. Aber auch die wird er wahrscheinlich zusammenbekommen.

Dennoch hat sich kaum ein Fed-Chef im Senat – und nicht nur dort – so viel Kritik anhören müssen wie Bernanke. Der sah sich sogar gezwungen, sich für Fehler zu entschuldigen: Er habe das Ausmaß der Krise unterschätzt, die Fed hätte strengere Anforderungen an Risikomanagement und Eigenkapital der Banken stellen müssen.

Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnet, nannte Bernanke klipp und klar einen "Teil des Problems". Das amerikanische Volk frage sich, "warum die Fed nicht rechtzeitig einschritt, um die kasinoartigen Aktivitäten der großen Finanzfirmen zu stoppen". Ähnlich formulierte es der republikanische Senator Jim Bunning bei der Senatsanhörung Anfang des Monats: "Ihre Amtszeit als Fed-Chef war ein Fehlschlag." Bernanke habe bloß Geld an "seine Herren an der Wall Street" verteilt.

Erst vor ein paar Tagen hat das Abgeordnetenhaus für einen Gesetzentwurf votiert, der die Überprüfung von Entscheidungen der Notenbank durch einen Kongressausschuss vorsieht - eine Schmach für die bislang unabhängige Fed.

Dabei galt noch Bernankes Vorgänger Alan Greenspan als Halbgott, dem Politiker und Bürger lange bedenkenlos vertrauten. Jetzt gerät Bernanke ausgerechnet deswegen unter Druck, weil er die Politik Greenspans fortsetzte: im Krisenfall die Zinsen radikal senken und den Geldhahn aufdrehen. So machte es Greenspan beim Crash der New Economy zu Beginn des Jahrzehnts, und so – nur noch in viel größerem Umfang – machte es auch Bernanke beim Ausbruch der derzeitigen Finanzkrise.

Greenspan, so sehen es viele Fed-Kritiker jetzt, löste mit dem billigen Geld die Immobilienblase, Spekulationsorgien und damit letztlich die Krise zumindest mit aus. Bernanke hat bereits angekündigt, dass auch er die Zinsen mindestens das nächste halbe Jahr bei nahe 0 Prozent belassen will. Nur einige zusätzlichen Liquiditätshilfen sollen langsam abgebaut werden.

Angesichts dessen versagte sogar das Wall Street Journal Bernanke die Gefolgschaft. In einem Kommentar sprach sich die Zeitung gegen eine zweite Amtszeit aus. "Wir sagen dies nicht wegen Mr. Bernankes Vorgehen während der finanziellen Panik 2008, für das er von vielen wohlverdientes Lob erhielt." An den umfangreichen Geldspritzen für Banken und Wirtschaft habe zu diesem Zeitpunkt kein Weg vorbeigeführt.

"Das wirkliche Problem ist Mr. Bernankes Politik vor der Panik mit ihren besorgniserregenden Implikationen für die nächsten vier Jahre" – nämlich die Förderung einer Kreditblase. Jetzt müsse die Geldschwemme wieder eingedämmt werden. Dafür aber habe Bernanke keinen Plan.

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