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StudentenprotesteRausgesetzt vorm Fest

Aus Sicherheits- und Kostengründen lässt die Unileitung das Audimax räumen. Die Studierenden wollen im neuen Jahr die Besetzung wieder aufnehmen.

Zwei Audimax-Besetzer, die dem Bild des strebsamen Studenten wahrlich nicht entsprechen. Bild: Roland Trost

Einen Tag vor Weihnachten sind im Audimax die Lichter ausgegangen. Die Universität hat am Mittwoch den seit Wochen besetzten Hörsaal mit einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung räumen lassen. Nach Polizeiangaben sind dabei 21 Menschen in dem Gebäude "in den frühen Morgenstunden aufgegriffen", oder wie es die Betroffenen selber sagten "unsanft aus dem Schlaf gerissen worden".

Die Räumung verlief friedlich; nachdem die Besetzer das Gebäude verlassen hatten, ist es aber noch zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Student berichtete, dass er von der Polizei niedergeschlagen und in Gewahrsam genommen worden sei. Er habe auf einen Platzverweis nicht sofort reagiert, sondern sich erstmal eine Zigarette anstecken wollen, erzählte er der taz. Nun erwägt er, gegen das Vorgehen der Polizei zu klagen. Die Polizei hat den Studenten ihrerseits wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.

Die Studierenden beklagten die plötzliche Räumung: Tags zuvor noch hätte ihnen der Vizepräsident der Uni zugesichert, dass eine solche Lösung nicht im Interesse der Universität läge. Der Polizeieinsatz mache nun einmal mehr deutlich, "dass offensichtlich kein Interesse besteht, sich auf inhaltlicher Basis mit den protestierenden Studenten auseinander zu setzen".

Das Präsidium begründete die Entscheidung in erster Linie mit Sicherheitsbedenken. "Die Besetzer hatten angekündigt, an Weihnachten und Silvester Festivitäten abzuhalten - das können wir mit der Sicherheit vor Ort nicht vereinbaren", sagte eine Hochschulsprecherin. Dass es, wie ein Student einräumt, "zunehmend auch Beschädigungen" gegeben habe, wird wohl auch ein Grund gewesen sein. "Insbesondere die sanitären Anlagen sind mit Graffiti besprayt worden", sagte die Hochschulsprecherin. Damit würden jetzt "einige Kosten" auf die Universität zukommen.

Unklar ist dabei, ob die Sachschäden von Studierenden verursacht wurden. Die Polizei machte jedenfalls unter den 21 Besetzern am Mittwoch "überwiegend Randständige" aus, wie sich eine Sprecherin auszudrücken beliebte. Gemeint war damit wahrscheinlich die Gruppe von Punks, die später noch ausgelassen vor dem Audimax tanzte und johlte, als ein Polizeibus sich am Vordach des Gebäudes sein Blaulicht zu Schrott fuhr.

Nächstes Jahr, sagte einer der Studenten, solle der Protest aber nochmal ernsthaft aufgenommen werden, mit "vielen schönen, kritischen und kreativen Aktionen". Und ein anderer verriet, dass es große Pläne gebe - nicht für eine Reform, sondern für einen radikalen Neuanfang: Aus der nächsten Besetzung soll die Gründung einer alternativen Uni hervorgehen, an der mitzuwirken mehrere Professoren schon zugesagt hätten.

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