BGH-Urteil für Vergewaltiger: Sicherheitsverwahrung abgelehnt

Nachdem das Landgericht München die Sicherheitsverwahrung von Karl D. abgelehnt hat, spricht sich ebenfalls der Bundesgerichtshof gegen sie aus. Viele Anwohner protestieren weiter.

Anwohner protestieren seit rund einem Jahr für eine Inhaftierung. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Der entlassene Vergewaltiger Karl D. bleibt auf freiem Fuß. Das entschied am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) und lehnte in dem spektakulären Fall die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung ab. Anwohner fordern seit rund einem Jahr die erneute Inhaftierung des als gefährlich geltenden 58-Jährigen.

Der Berufskraftfahrer Karl D. war 1985 erstmals wegen Vergewaltigung einer 15-jährigen Schülerin zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Zehn Jahre später entführte er gezielt zwei minderjährige Anhalterinnen, vergewaltigte und quälte sie stundenlang. Dafür wurde er 1995 zu 14 Jahren Haft verurteilt. Eine Sicherungsverwahrung konnte damals nicht angeordnet werden, weil D. zum ersten Mal rückfällig geworden war.

Als D. Anfang 2009 aus der Haft im bayerischen Straubing entlassen werden sollte, beantragte die Staatsanwaltschaft eine nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung. Zwei Gutachter konstatierten einen Hang zu weiteren schwersten Straftaten, wegen der sadistischen Neigungen des Mannes bestehe Rückfallgefahr. Dennoch lehnte das Landgericht München im Februar 2009 die nachträgliche Sicherungsverwahrung ab. Diese sei nur möglich, wenn neue Tatsachen vorgebracht werden, die 1995 noch nicht bekannt waren. D. zog daraufhin zu seinem Bruder nach Heinsberg-Randerath, in ein Dorf mit rund 600 Einwohnern in der Nähe von Aachen.

Ausgelöst durch Boulevardmedien und TV-Sender, erhob sich nun ein bisher nicht gekannter Proteststurm. Die Medien gaben den neuen Wohnort des Mannes bekannt. Der Landrat Stephan Pusch (CDU) warnte die Bevölkerung vor dem neuen Mitbürger und ordnete eine polizeiliche Rund-um-die-Uhr-Bewachung an. Bis zu 150 Menschen demonstrierten täglich vor dem Haus von D.s Bruder.

Alle warteten auf den BGH, bei dem die Münchener Staatsanwaltschaft doch noch eine Sicherungsverwahrung durchsetzen wollte. Doch der Versuch blieb erfolglos. Der BGH bestätigte am Mittwoch die Münchener Entscheidung. "Es sind keine neuen Tatsachen, wenn bereits bekannte Indizien wie der Sadismus des Mannes später anders bewertet werden", betonte am Mittwoch der Vorsitzende Richter Armin Nack. Das Urteil von Mittwoch lag ganz auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung. Selbst die Bundesanwaltschaft hatte im Fall von D. gegen die Verhängung von Sicherungsverwahrung plädiert.

Die Polizei wird D. aber weiter überwachen. Und die Anwohner, die bis jetzt täglich von 18 bis 20 Uhr eine Mahnwache abgehalten haben, werden wohl ebenfalls weitermachen. Das vermutet jedenfalls Nachbar Thomas Brauckmann, der am Mittwoch extra nach Karlsruhe gekommen war, "D. ist jetzt ein Fall für den Gesetzgeber."

Tatsächlich haben CDU/CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung angekündigt. Dabei sollen "Schutzlücken" geschlossen werden, die Sicherungsverwahrung soll aber "Ausnahmecharakter" behalten.

Bei der Neuregelung ist zudem ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen. Das Straßburger Gericht hatte in einem anderen Fall die Sicherungsverwahrung als Strafe (statt als Prävention) eingestuft. Es wird erwartet, dass es deshalb auch eine nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung für unzulässig hält.

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