Datenschutz bei Suchmaschinen: Anonym im Netz
Es muss nicht immer Google sein. Auf Datenschutz spezialisierte Portale und Suchmaschinen bieten anonymes Surfen an. Damit wollen sie dem Branchenkrösus die User abjagen.
BERLIN taz | Die Ankündigung sorgte nur für wenig Pressewirbel, doch sie war signifikant: In der vergangenen Woche kündigte Microsoft an, die wichtigsten Nutzerdaten die bei seiner Suchmaschine Bing anfallen, demnächst innerhalb von sechs Monaten vollständig zu löschen. Das steht im starken Kontrast zu dem, wie es Google bislang handhabt.
Dort werden alle Sucheingaben mindestens neun Monate lang inklusive ausgehender Internet-Adresse (IP) gespeichert. Über die IP ist beim Provider eine Rückverfolgung des Users zumindest theoretisch möglich. Nach neun Monaten wird nur ein Teil der IP anonymisiert. Der Rest des Datensatzes kann dann bis in alle Ewigkeit vorgehalten werden. Google das mit der Nutzung für mögliche Optimierungen seiner Technik begründet.
Microsoft führt seinen neuen userfreundlichen Datenschutz natürlich nicht uneigennützig ein. Vielmehr scheint das Unternehmen einer geplanten EU-Regelungen zuvorzukommen. In Brüssel wird diskutiert, ob Suchmaschinendaten wie IP-Adressen bereits jetzt schon unter die EU-Datenschutzdirektive fallen. Die Angelegenheit zeigt, wie wichtig es ist, dass im Suchmaschinenmarkt, den Google in vielen Ländern mit 70 und mehr Prozent beherrscht, Wettbewerb durchaus sinnvoll ist. Das Problem nur ist der User. Viele Alternativen zu Google sind ihm schlicht unbekannt.
So kann man selbst Google seit längerem anonym nutzen. Der Dienst Scroogle Scraper greift auf die Daten der Suchmaschine zu und verwürfelt die Herkunftsadresse. Wem die einfache Suche nicht ausreicht, der kann sich eine spezielle Firefox-Toolbar des Projekts GoogleSharing installieren: Das vom bekannten Hacker Moxie Marlinspike initiierte Vorhaben versucht, alle Google-Aktivitäten eines möglichst großen Nutzerkreises zu vermischen, damit keine Rückschlüsse mehr auf die tatsächliche Herkunft möglich sind.
Ebenfalls ganz dem Datenschutz und der Erhaltung der Privatsphäre verschrieben hat sich die Metasuchmaschine Ixquick. Sie bezeichnet sich selbst als "die privateste aller Search Engines" und speichert IP-Adressen erst gar nicht. Das Angebot, dessen Niederlassungen sich in den Niederlanden und in den USA befinden, durchsucht unter anderem Bing, Wikipedia, Cuil und diverse andere Suchkataloge gleichzeitig, was die Ergebnisse verbessern soll. Zudem lässt sich ein so genannter Proxy aktivieren, mit dem gefundene Seiten anonym besucht werden können. Störend ist nur, dass Google aktuell nicht zu den "Search Providers" gehört und so die vielen Nutzern beliebte Ergebnisse nicht einbezogen werden.
Ebenfalls dabei beim Schutz der Privatsphäre ist der US-Anbieter Ask. Er bietet mit dem "AskEraser" seit mittlerweile drei Jahren die Möglichkeit, ohne Speicherung von Suchanfragen, IP-Adresse und identifizierenden Datenkrümeln das Angebot zu nutzen. Allerdings gibt es auch hier Kritik von Datenschützern, da die Aktivierung des "AskEraser"-Modus selbst wieder ein Cookie voraussetzten, was eigentlich nicht nötig sei.
Wem es nicht nur um den Schutz seiner Privatsphäre geht, kann Google-Alternativen nutzen und etwas Gutes tun: Gleich mehrere spezielle Suchmaschinen werben damit, ökologische oder wohltätige Projekte zu unterstützen, wenn man sie benutzt. Der deutsche Suchanbieter Benefind zeigt Bing-Suchergebnisse an und spendet dann an eine von mehreren Hilfsorganisationen Teile der Werbeeinnahmen. Afroo, wo mit Yahoo gesucht wird, will beim Bau von Schulen in Afrika helfen. Forestle wiederum verspricht, "mit jeder Suche kostenlos 0,1 Quadratmeter Regenwald" retten zu können. Forestle gewann bereits einen Ökopreis und erreicht laut eigenen Angaben inzwischen 200.000 Suchanfragen pro Tag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“
Öl-Konzern muss CO₂-Ausstoß nicht senken
Shell hat recht
Übergriffe durch Hertha-BSC-Fans im Zug
Fan fatal