Elektronischer Personalausweis: Praktisch für sicheren Handel
Die FDP tritt beim elektronischen Personalausweis auf die Bremse. Die Werbung für die RFID-Plastikkarte käme zu teuer. Für den Handel wäre das schade – denn der profitierte.
Weitere Millionen Euro sollen für den elektronischen Personalausweis ausgegeben werden – sieben Millionen allein im Jahr 2010 für Werbung. Sieben weitere Millionen – da reicht's der FDP. In einem Brief an die Bild am Sonntag monierten die Innenpolitiker Gisela Piltz und Christian Ahrendt, dass "der E-Personalausweis immer teurer" werde. Das könne man sich in der derzeitigen "angespannten Haushaltslage" kaum noch leisten, schrieben Piltz und Ahrendt, am besten solle man "bis 2020" damit warten.
Piltz und Ahrendt versuchen den Koalitionspartner CDU/CSU da zu packen, wo er im Innen- und Rechtsbereich für Argumente offen ist: Beim Geld. Piltz konkretisiert, dass es sich ja nicht nur um die sieben Millionen handele. "Schon im Rahmen des Konjunkturpakets wurden 80 Millionen verpulvert, um der Wirtschaft das Projekt schmackhaft zu machen, obwohl es keinen Bedarf dafür gibt." Das alles, und zusätzlich 33 neue Stellen bei verschiedenen Ämtern, müsste am Ende der Steuerzahler bezahlen.
Ziel der Sieben-Millionen-Euro-Informationskampagne für den neuen Personalausweis ist es, so ein Schwerpunktepapier des Bundesinnenministeriums zum Haushalt 2010, ist es, "Befürchtungen und Ängste der Bevölkerung auszuräumen", sowie "den richtigen Umgang" zu vermittlen. Mithilfe von Plakaten, Flyern und über "Direktansprache" will die Bundesregierung motivieren, "noch vor Ablauf der Gültigkeit" des alten Personalausweises einen neuen zu beantragen.
Am 18. Dezember 2008 hat der Deutsche Bundestag die Einführung des elektronischen Personalausweises beschlossen, der ab 1. November 2010 den bisherigen Personalausweis ablösen soll.
Neu ist das Scheckkartenformat, ein Chip mit PIN (einmalige Zusatzgebühr) und die digitale Speicherung der Fingerabdrücke des rechten und linken Zeigefingers, wobei der Bürger die Wahl haben soll, ob seine Fingerabdrücke gespeichert werden. Damit unterscheidet sich der ePA klar vom ePass, in dem die Abgabe des Fingerabdrucks Pflicht ist.
Der elektronische Personalausweis ist weiterhin zehn Jahre lang gültig. Bei Personen unter 24 Jahren beträgt die Gültigkeit sechs Jahre.
Quelle: Wikipedia (alle Autoren des Artikels) – Lizenz: Lizenzbestimmungen_Commons_Attribution-ShareAlike_3.0_Unported:CC-BY-SA
Dem Online-Handel dürfte das gefallen: Sowohl zur Verhinderung von Betrug als auch zur Alterskontrolle könne das neue Ausweisdokument eingesetzt werden. In einem Workshop des IT-Branchenverbandes Bitkom zeigten die Teilnehmer der "Arbeitsgruppe Handel" "großes Interesse an den Möglichkeiten des elektronischen Personalausweises als Sicherheitsinstrument" und nannten eine "ständige Aufklärung über die Vorteile der Nutzung" als strategisches Ziel.
So weit, so praktisch für alle, die im Netz Dinge verkaufen wollen. Amazon zum Beispiel – doch die wollten auch auf mehrfache Nachfrage der taz keine Stellungnahme zu ihrer Strategie in Bezug auf den elektronischen Personalausweis abgeben.
Es könnte eng werden für die kombinierte Ausweis-Einkaufs-Chipkarte. "Die haben Schiss, dass das niemand haben will", urteilt Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC). Kurz setzt sich schon länger mit dem geplanten Dokument auseinander. "Wir empfehlen ja, sich noch vor dem Stichtag einen neuen 'alten" Ausweis zu beantragen, zumindest aber eine RFID-Schutzhülle zu verwenden" – denn das neue Gerät funkt, wie auch in den neuen Reisepässen wird sich auch im neuen Personalausweis ein RFID-Funkchip befinden. Deswegen fordert der CCC ein "Moratorium" für den geplanten ePerso.
Der stand auch beim letzten Jahreskongress des CCC auf dem Programm – Henryk Plötz hat sich die Funktionsweise genauer angesehen: "Ich erzähle euch was zu dem neuen Personalausweis – die Idee dabei ist ... Wirtschaftsförderung". Und zwar indirekt: indem Online-Banking und Transaktionen vereinfacht würden.
Diese Wirtschaftsförderung lässt sich die Bundesregierung eine Menge kosten. Nicht nur die sieben Millionen, die die FDP jetzt moniert – 40 Millionen sollen es allein im Jahr 2010 sein. Constanze Kurz vom CCC hat "das Ganze mal aufaddiert".
Die FDP will die Datenkarte jetzt nicht mehr, "wegen der Kosten". Die Opposition frohlockt – zum einen, weil sie Morgenluft wittert, den ungeliebten ePerso doch noch zu stoppen, zum anderen, weil sie sich über die wenig bürgerrechts-orientierte Argumentation der FDP lustig machen kann.
Wer sicher sein will und frei von RFID und einer Fülle gespeicherter biometrischer Merkmale, wird nicht umhin kommen, seinen Personalausweis, wenn er noch nicht abgelaufen ist, einfach zu "verlieren". Und dann nicht vergessen: Vor Herbst 2010 den neuen "Alten" beantragen.
Leser*innenkommentare
372 (Profil gelöscht)
Gast
Karl Ilnyzckyj
Geht hier eher darum, dass es passieren könnte, dass man manche Internetangebote nur noch mit Perso benutzen kann, aber meines Wissens muss man einen Perso haben (und bekommt auch eine Gebühr aufgebrummt, wenn man seinen nicht verlängert), man muss ihn aber - anders als manche uns glauben machen wollen – nicht immer bei sich tragen.
Allerdings hat ein Perso - zB auf einer Demo, also bei Polizeikontakt - auch seine Vorteile.
Herr B.
Gast
Was kostet ein Neu-Beantragen denn?
Ich will nicht als funkend durch die Gegend laufen!
Karl Ilnyzckyj
Gast
Frage an Julia Seeliger:
Darf ein Bundesbürger auch ohne Ausweis leben?
Ihr Name Unser Name
Gast
Au ja. Die grosse Zahl "verlorener" Persos sollte eigentlich ein deutliches Zeichen sein, das wär mir 8 Euro wert.
Hans
Gast
Mikrowelle?
MaxL
Gast
...und praktisch für sichere Überwachung.
Nick_H
Gast
Also ich hatte auch vor der Empfehlung des CCC vor, mir noch einen neuen "alten" Perso zu besorgen. So habe ich wenigstens noch zehn Jahre Zeit und kann in Ruhe bawarten, welche Ausweise es dann geben wird.
Hiob
Gast
Gut für den Handel? Na klar, für Amazon und Co. aber nicht für unseren Binnenmarkt.
Außerdem können die Leute auch mit dem E-Ausweis nur das Geld ausgeben, was sie haben. Und das wird immer weniger ...
Tomsa
Gast
Die Idee den Personalausweis mit einem RFID Chip auszustatten ist naheliegend und gleichzeitig für mich höchst bedenklich. Ohne Einverständiss des Betroffenen wird es möglich sein seine Daten auf Distanz einzulesen. Mit entsprechenden Lesegeräten wären das nicht nur Polizei sondern auch Privatleute.
Dann kann ich mir ja gleich meine Adresse auf die Stirn tätowieren! Diese Entwicklungen halte ich für mehr als ungemütlich.
Siegfried
Gast
Dieser neue Ausweis kann durchaus eine Chance sein. Allerdings setzt das voraus, dass ich als Inhaber eines solchen Ausweises a) die volle Kontrolle darüber habe, wann die Daten abgegriffen werden (kann man mit der RFID schutzhülle erreichen), b) an wen die Daten gehen, und c) welche Daten an wen gehen. Und es müsste möglich sein, dass ich als Privatmensch die Vorteile nutzen kann, also z.B. e-mails damit signieren kann. Oder damit meinen gpg-key signieren kann, und damit staatsunabhängig verschlüsseln kann. Gute und interessante Möglichkeiten gibt es also.
Wenn ich diese Möglichkeiten erhalte, her damit. Wenn nicht, weg damit.
andreas
Gast
naja, ich hab seit 20 jahren keinen personalausweis mehr und nur einen reisepass. reicht völlig aus.
Georg
Gast
Ich kann mich noch an 2005 erinnern, als Otto Schily zusammen mit den Grünen uns Buergern den bio-metrischen Reisepass spendierte.
Es ist egal wer in der Regierungsverantwortung ist, der Überwachungswahnsinn geht immer weiter.
Leute, die nicht ohne Bodyguard durch eine Fußgängerzone flanieren könnten, Politiker eben, haben immer Angst und drücken das in ihrer Politik aus.
MKKM
Gast
Da braucht die FDP wohl noch etwas Zuwendung seitens der "Arbeitsgruppe Handel". Ein Milliönchen in die liberalen Parteikassen und die Sache sieht wieder ganz anders aus...