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Biobaumwolle-Skandal"Alle erwischt man nie"

Der Skandal um indische Biobaumwolle war hilfreich, sagt Branchenpionier Patrick Hohmann, nun wird schärfer kontrolliert. Doch es gibt kaum noch gentechnikfreies Saatgut.

"Die glauben den Versprechungen der Saatguthersteller, wie unsereiner den Lottoschein ausfüllt." Bild: ap
Interview von Heike Baier

taz: Herr Hohmann, Biobaumwolle aus Indien ist kürzlich ins Gerede gekommen, weil sie teilweise gentechnisch verändertes Material enthielt. Sie waren einer der Ersten, der in dem Land eigene Projekte für Biobaumwollanbau aufgezogen hat. Was bedeutet der Skandal für Sie?

Patrick Hohmann: Im Grunde finden wir es gut, dass das alles geplatzt ist. Seitdem die indische Behörde eingegriffen und nachlässige Zertifizierer abgestraft hat, ist es im Land wieder sehr viel schwerer geworden, Biobaumwolle zertifizieren zu lassen, und das ist gut so. Die Großhändler müssen mehr in die Verantwortung genommen werden, sich auch für ihre Bauern zu interessieren. Sie dürfen sich nicht allein mit einem Zertifikat zufrieden geben.

Wie war die Situation vorher? Immerhin wurde schon 2002 genmanipuliertes Saatgut zugelassen.

Wir haben schwer gelitten in den Jahren danach. Zwar haben wir ziemlich bald unsere eigenen Kontrollen auf Genmanipulation verschärft. Aber weil die übrigen Kontrollsysteme so lax waren, sind uns haufenweise Bauern davongelaufen, die es bei anderen Projekten leichter hatten. Die sparten sich dort den ganzen Aufwand, den wir trieben, und konnten den Markt förmlich überschwemmen mit angeblicher Biobaumwolle - fast zum selben Preis wie konventionelle Ware.

Doch selbst bei einem extrem engmaschigen Kontrollnetz wie Ihrem eigenen müssen Sie stichprobenartig vorgehen. Kontaminieren die Bauern, die durch die Kontrollen schlüpfen, nicht auch die restliche Ernte?

Das ist wie bei den Geschwindigkeitskontrollen auf der Autobahn. Sie erwischen nie alle - aber dass wir überhaupt nur 1 Prozent Ausreißer haben, ist allein diesen Kontrollen geschuldet. Vorher waren es 14 Prozent.

Der Anbau von Baumwolle ist mit 25 Prozent des weltweiten Pestizideinsatzes eine der größten Giftschleudern im Agrarsektor. Genmanipulierte Baumwolle ist schädlingsresistent und braucht dem Vernehmen nach rund ein Drittel weniger Pflanzengifte bei höheren Erträgen. Warum halten Sie diesen Weg für falsch?

Mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau vergleichen wir gerade den Anbau von konventioneller, genmanipulierter und biologischer Baumwolle. Ohne schon endgültige Ergebnisse vorliegen zu haben, können wir bereits sagen, dass genmanipulierte Baumwolle zwar gegen bestimmte, aber nicht gegen alle Schädlinge geschützt ist. Gleichzeitig ist das Gensaatgut aber sehr viel teurer als normaler Samen. Die Bauern düngen und spritzen also erst recht - aus Angst, die Ernte zu verlieren. Und das alles auf Kredit. Es gibt eine extrem hohe Verschuldungsfalle, falls die Ernte verloren geht.

Wenn das so ist, warum laufen die Bauern dennoch scharenweise zum genmanipulierten Saatgut über?

Die glauben den Versprechungen der Saatguthersteller, wie unsereiner den Lottoschein ausfüllt. Indien ist ein extrem opportunistischer Markt: Gibt es etwas Neues, springen alle hinterher. Sind sie erst gesprungen, fliegen sie aus dem Bioprojekt raus. Und nun ergibt sich ein großes Problem für uns: dass in Indien durch den ganzen Genhype überhaupt kein konventioneller Samen mehr hergestellt wird.

Heißt das, dass Sie sich früher oder später aus Indien zurückziehen müssen? Oder betrifft das Problem auch die übrigen Anbauländer?

Nein, das ist schon ein spezifisches Problem von Indien. Aber wir werden dort bleiben und gehen nun den Weg, unser eigenes Biosaatgut herzustellen. Und das geben wir den Bauern direkt in die Hand.

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2 Kommentare

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  • A
    anita

    hanf laugt den boden zu sehr aus.

  • WN
    wilfried nissing

    wie wäre es mit hanfanbau, wesentlich ertragreicher/ökologischer und produzentenfreundlicher als baumwolle, muß nur noch die nachfrage entstehen