Microsofts Browserkrieg: Entwickler kriegen Zufall nicht hin
Ab diesem Monat muss Windows seinen Nutzern die Wahl lassen, welchen Browser sie wollen. Die Anzeigereihenfolge sollte zufällig sein - ist sie aber nicht. Wegen eines Bugs.
Im Kartellstreit mit der Europäischen Kommission wurde es so beschlossen: Seit März ist Microsoft verpflichtet, Windows-Nutzern bei der Installation des Betriebssystems die Chance einzuräumen, auch ein alternatives Programm fürs Web einzurichten.
Der Internet Explorer (IE), mit dem der Konzern Ende des Jahrtausends den Konkurrenten Netscape vom Markt drängte, ist nun nicht mehr alleiniger König. Stattdessen begrüßt die User ein Pop-up mit der Aufforderung, doch bitte eine Browser-Auswahl zu treffen. Dabei stehen neben dem IE alle aktuell wichtigen Internet-Werkzeuge bereit: Mozillas Firefox, Googles Chrome, Apples Safari und der einzige Europäer im Bunde, Opera aus Norwegen.
Hatte Microsoft anfangs vor, den IE prominent ganz vorne zu platzieren, kam man schließlich mit den Kartellwächtern überein, dass die Anzeigereihenfolge zufällig zu wählen sei. Dann habe jeder der Browserhersteller eine Chance und die Nutzer nähmen nicht gewohnheitsmäßig den Browser, der als erstes auftaucht. Wer sich in der Informatik auskennt, wird jedoch wissen, dass die Generierung von Zufallswerten, auf denen die Darstellung basiert, kein ganz triviales Unterfangen ist. Macht man es falsch, gibt es statistische Ausreißer.
Und genau unter denen leidet nun auch der Microsoft-Auswahldialog. Wie das slowakische IT-Nachrichtenportal "DSL.sk" meldet, haut die in Javascript geschriebene Routine regelmäßig daneben. Der IBM-Forscher Rob Weir wollte es ganz genau wissen und machte eine Analyse mit 10.000 Durchgängen, die er in sein Blog stellte.
Ergebnis: Eine statistisch gleichmäßige Verteilung findet nicht statt. Interessanterweise ist es besonders häufig der Internet Explorer, der auf dem vorgeblich schlechtesten, nämlich dem fünften, Rang landet - in sage und schreibe mehr als 50 Prozent aller Fälle.
Safari wiederum tummelt sich besonders oft auf Rang 4. Relativ ausgeglichen verteilt über alle Plätze ist dagegen Firefox, der in Deutschland Microsoft laut mindestens einer Untersuchung inzwischen den Rang abgelaufen hat. Weir empfiehlt den Microsoft-Programmierern nun die Lektüre des IT-Standardwerks "The Art of Computer Programming", in dem genau erklärt wird, wie man statistisch zufällige Zahlen erhält. "Die Lektion hier ist es, dass man Zufälle im Computer nicht dem Zufall überlassen sollte", schreibt Weir schelmisch.
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