Deutsche Waffen-Exporte: Sag mir, wo die Zahlen sind ...

Nicht einmal die 2008er Zahlen zu Rüstung sind verfügbar. Nach den Zahlen des Instituts Sipri bleibt Deutschland Exporteur Nummer drei. Friedensforscher fordern mehr Kontrolle.

Ein Bundeswehrsoldat in Feisabad, Afghanistan. Bild: ap

Angesichts der jüngsten Zahlen über die Zunahme des deutschen Waffenexports fordert die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) eine transparentere Rüstungsberichterstattung sowie mehr parlamentarische Rüstungskontrolle. Die Bundesregierung ist aktuell besonders spät dran mit ihrem Rüstungsbericht.

"Dem Bundestag fehlt die Grundlage, Stellung zu nehmen. Es gibt noch nicht einmal die 2008er-Zahlen", bemängelte Gertrud Casel von der GKKE. Da die neue Regierung nun längst im Amt sei, "gibt es keine Entschuldigung für die weitere Verzögerung des Berichts", sagte Casel zur taz. Die GKKE legt jährlich einen Rüstungsbericht vor.

Am Montag aber war es das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri, das seine jüngste Datenauswertung präsentierte. Demnach hat die deutsche Rüstungsindustrie ihre Exporte von Großwaffen im Zeitraum 2005 bis 2009 im Vergleich zu den Jahren 2000 bis 2004 um 100 Prozent gesteigert. Deutschland ist bei Sipri seit 2005 Welt-Waffenexporteur Nummer drei, hinter den USA und Russland.

FriedensforscherInnen nennen die Niederlande, Schweden, Großbritannien und USA als mögliche Vorbilder für eine bessere Rüstungskontrolle. Schweden mit seiner ebenfalls starken Rüstungsindustrie ist das einzige Land, in dem ein geheim tagendes, mit Abgeordneten aller Parteien besetztes Komitee an der Entscheidung über Exporte teilhat.

Es sei aber schwer, Anhaltspunkte dafür zu finden, dass der Exportkontrollrat eine insgesamt mäßigende Wirkung habe, erklärte Sibylle Bauer vom Sipri. "Der Effekt ist sicherlich auch, dass die Verantwortung für den Export vom Parlament mitgetragen wird. Das dürfte ein Grund sein, warum gar nicht alle Parlamente so viel Kontrollmacht haben wollen", sagte Bauer zur taz.

Auch in den USA hat der Kongress grundsätzlich ein Vetorecht, hat dies aber noch nie wahrgenommen. In Großbritannien gibt es einen parlamentarischen Ausschuss, der laut Bauer zwar nachholend arbeitet, aber "sehr proaktiv" sei, also nicht nur dicke Berichte vorlege, sondern auch zum Beispiel Minister vorlade. Die Niederlande werden von dem Sipri-Rüstungsexperten Mark Bromley dafür gelobt, dass sie sehr detailliert auch online über Exporte Auskunft geben und auch ihre Ablehnungen veröffentlichen.

Abgesehen von der krassen Verzögerung, sagte Bromley zur taz, stehe Deutschland gar nicht so schlecht da: "Wenn die Berichte erst einmal da sind, sind sie auch detailliert." Deutschland habe in der Sipri-Berechnung unter anderem deshalb eine so exponierte Rolle, weil Sipri nur das Großgerät erfasse, also etwa die U-Boote und Panzer, die Deutschland in großem Maßstab exportiert.

Die europäischen Konkurrenten Frankreich und Großbritannien seien stark etwa bei den Verträgen für den Maschinenunterhalt, erklärte Bromley der taz. Die vielen Secondhandpanzer, die Deutschland günstig weltweit verscherbelt, wögen in den Sipri-Statistiken außerdem schwerer als in anderen Berechnungen, die nur finanzielle Volumina erfassten.

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