Medienmanipulation in Italien: Ein Stück aus dem Tollhaus

Italiens umtriebiger Regierungschef Berlusconi soll versucht haben, TV-Sendungen abzusetzen. Allzu willfährige Journalisten gingen ihm dabei ungeschickt zur Hand.

Solche Sendungen mag er: Silvio Berlusconi in einer Show des Privatsenders Sky TG24. Bild: dpa

Gegen Silvio Berlusconi läuft ein neues Ermittlungsverfahren wegen Nötigung. Italiens Ministerpräsident soll versucht haben, mit unlauteren Mitteln eine ihm unangenehmen TV-Sendung abzusetzen. Als Mittäter haben die Staatsanwälte den Chefredakteur der wichtigsten TV-Nachrichtensendung Italiens, TG 1, sowie ein Mitglied der staatlichen Medienaufsicht im Visier.

Die ganze Geschichte spielte sich im November 2009 ab - und sie zeigt, wie geschickt Berlusconi seine private und seine politische Medienmacht nutzt. Damals plante der Journalist Michele Santoro, seine Polit-Talk-Show im Staatssender RAI 2 dem Prozess gegen den britischen Rechtsanwalt David Mills zu widmen; Mills wurde vorgeworfen, er habe sich von Berlusconi für eine Falschaussage über Berlusconis Schwarzgeldfonds im Ausland bestechen lassen. Von der geplanten Sendung bekam Italiens Regierungschef sofort Wind; als Diskutant eingeladen war auch Maurizio Belpietro, Chefredakteur einer Berlusconi-nahen Tageszeitung, der eilends beim Ministerpräsidenten anrief.

Daraufhin setzte Berlusconi erst den Generaldirektor der RAI unter Druck. Der Berlusconi-hörige Mauro Masi kommentierte später, "nicht einmal in Zimbabwe" geschähe eine solche Einflussnahme. Im zweiten Schritt schaltete der Regierungschef den ihm ebenfalls ergebenen Giancarlo Innocenzi ein, Mitglied des Direktoriums der Medienaufsichtsbehörde AGCOM. Innocenzi versuchte, ohne Erfolg, in seiner Behörde einen Beschluss durchzusetzen, der die RAI zur Absetzung der geplanten Talk Show aufforderte.

Die Staatsanwaltschaft im apulischen Kleinstädtchen Trani, die aus anderem Grund diverse Telefone abhörte, bekam zufällig Wind von der Geschichte. Als sie schließlich den Chefredakteur des TG 1 Augusto Minzolini - einen von Berlusconi selbst als Nachrichtenchef ausgesuchten Journalisten - zu einer Anhörung vorluden, stellten die Staatsanwälte auch Fragen nach Berlusconis Einflussnahme auf die RAI. Und am Ende teilten sie Minzolini mit, er habe über die Anhörung Stillschweigen zu bewahren. Doch kaum war der aus der Tür, rief er gleich als erstes im Amt des Ministerpräsidenten an, und erneut hörten die Ermittler mit - deshalb muss Minzolini sich jetzt wegen Verrats von Ermittlungsgeheimnissen verantworten.

Berlusconi reagiert wie immer: Er spielt das Opfer. "Als Ministerpräsident" könne er schließlich telefonieren, mit wem er wolle, tobte er. Und sein Justizminister schickte gleich eine Truppe von Inspektoren nach Trani; sie sollen schauen, ob in der dortigen Staatsanwaltschaft alles mit rechten Dingen zugeht.

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