Karneval der Kulturen: Der Tanz ums Geld

Viele Gruppen haben Schwierigkeiten, ihre Teilnahme am Umzug zu finanzieren. Einige Teilnehmer würden sich allerdings auch unter Wert verkaufen, sagen die Organisatoren

Karneval der Kulturen Bild: Gero Breloer/AP

Mit dem Aufruf "Samba sucht Trecker!" hat der Karneval der Kulturen eine neue Strategie entwickelt, um die Finanzierung der Umzugsgruppen zu unterstützen. "Wir hatten immer Probleme, genügend Geld für den Karneval zur Verfügung zu stellen; in diesem Jahr ist es besonders schwierig", erklärt Eme Onwuka, der Vorsitzende der Faso Initiative. Die Initiative nimmt mit dem afrikanisch-deutschen Fußballprojekt Baobab seit 2007 am Karneval teil. Die Gruppe ist nicht die einzige, die mit der Finanzierung Probleme hat. Volker Conrath, der musikalische Leiter der Sambagruppe Bloco Explosao, berichtet: "Wir haben dieses Jahr erst 500 Euro gesammelt. Im letzten Jahr waren aber 4.000 Euro für die Ausstattung nötig."

Deshalb rufen die OrganisatorInnen des Karnevals klein- und mittelständische Unternehmen in Berlin und Brandenburg nun dazu auf, die Umzugsgruppen zu unterstützen. 300 Betriebe wurden in einer Mailaktion angeschrieben. Die SponsorInnen können den Gruppen nicht nur mit Geld, sondern auch mit Büro- und Dekorationsmaterial weiterhelfen. Auch Räume, in denen die Gruppen für den diesjährigen Auftritt proben können, werden benötigt. Im Gegenzug wird den Sponsoren angeboten, ihr Logo im Programmheft sowie auf der Website des Karnevals abzubilden und sich auf den Umzugswagen zu präsentieren.

Der Karneval der Kulturen findet seit 15 Jahren immer am Pfingstwochenende statt. An dem Umzug nehmen jedes Jahr rund 100 bunt kostümierte Gruppen aus bis zu 80 Nationen teil. Mit seinen 4.500 Teilnehmern und bis zu einer Million Zuschauern ist die Parade das wichtigste multikulturelle Ereignis Berlins. In diesem Jahr wird er am 23. Mai vom Hermannplatz zur Möckernstraße ziehen. Er ist Höhepunkt eines Straßenfestes, das vom 21. bis 24. Mai rund um den Blücherplatz stattfindet.

Damit das Spektakel in voller Schönheit jährlich wieder stattfinden kann, müssen die TeilnehmerInnen immer wieder die Hürden der Geldbeschaffung überwinden. Und das ist nicht so einfach: "Es ist schwierig, überhaupt Unternehmen zu finden, die sich für uns interessieren", stellt der musikalische Leiter der Sambaschule Sapucaio No Samba, Dietrich Kollöffel, fest. Und auch Anja Villwock, Managerin der Tin Pan Alley Steelband, berichtet, dass es an Zeit und Kapazitäten mangeln würde, Kontakte zu SponsorInnen aufzubauen. Nicht alle Umzugsgruppen hätten genug Personal, Erfahrungen und Kontakte, die sie für die Finanzierung nutzen könnten.

So groß der Ruhm des Karnevals ist, so groß sind auch die Finanzierungsschwierigkeiten für manche TeilnehmerInnen: "Wir hatten früher keine Sponsoren und haben bisher leider auch keine gefunden", klagt Peter Köhncke, der Schatzmeister der Nonga Dance Group, die schon seit sechs Jahren am Karneval teilnimmt. Die Gruppe widmet ihren Auftritt jedes Jahr einer anderen Südseeinsel. Sie präsentiert sich mit traditionell gestalteten dunkelblauen Kostümen, roten Federn und weißen Muscheln - den Farben der samoanischen Flagge. Für die Finanzierung der Kostüme, der Dekoration und des Umzugswagens müsse die Gruppe bis zu 2.000 Euro aufbringen, so Köhncke.

Laut den Organisatoren des Karnevals könnte ein Teil der Finanzierungsprobleme vermieden werden: Viele TeilnehmerInnen wüssten zu wenig über die Möglichkeiten der Sponsorenakquise, sagt Nadja Mau, die Koordinatorin des Karnevals. Die Gruppen unterschätzten, was sie zu bieten hätten, und würden sich deshalb gegenüber potenziellen SponsorInnen nicht selbstbewusst genug präsentieren. Die Karnevalsorganisation bietet den Gruppen deshalb an, die Kontaktaufnahme zu Betrieben wie Musikläden, Tanzschulen, aber auch Umzugsunternehmen zu unterstützen und gemeinsame Gespräche mit allen Beteiligten zu vermitteln.

Nicht überall beim Karneval ist die finanzielle Lage kritisch. Die Werkstatt der Kulturen, die das Fest veranstaltet, konnte bei der Geldbeschaffung in diesem Jahr einen lang ersehnten Erfolg verzeichnen: Zum ersten Mal ist die Organisation des Karnevals als Haushaltstitel bei der Senatsverwaltung für Integration eingeplant. "Nach 15 Jahren erfolgt das politische Signal, das wir uns von Anfang an gewünscht haben", sagt Nadja Mau. In den letzten drei Jahren erhielt die Werkstatt der Kulturen von der Deutsche Lottostiftung je 180.000 Euro Zuschuss. Die Senatsverwaltung hat für den Karneval in den Jahren 2010 und 2011 je einen Betrag von 270.000 Euro vorgesehen. Mit diesem Zugewinn könne laut den Veranstaltern aber nur die Unterbesetzung der Stellen ausgeglichen werden.

Auch dieses Jahr haben sich wieder rund 100 Gruppen zur Teilnahme am Umzug angemeldet. Wie viele von ihnen es schaffen, bis zum Umzug die nötige Ausstattung und Logistik zu organisieren, ist noch offen: Üblicherweise, so Nadja Mau, stehe dies Ende April fest.

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