Projekt "Web-Patrol": Kripo will Notfallknopf fürs Internet
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter will in jeden Browser künftig einen Knopf einbauen, mit dem man im Netz entdeckte "böse Seiten" direkt an die Polizei petzen kann.
Was tun, wenn man im Internet auf Seiten trifft, deren Inhalt eindeutig illegal ist? Die Antwort ist einfach: Man meldet sie der Polizei, deren Job es schließlich ist, Delikte wie Kindesmissbrauch oder Nazipropaganda zu verfolgen - auch im Netz, das bekanntlich kein rechtsfreier Raum ist. Doch offensichtlich teilen noch zu wenige Menschen solche Funde mit ihrem freundlichen örtlichen Polizeirevier. Aus diesem Grund fordert der Bund der Kriminalbeamten (BDK) nun die Einrichtung eines "Notrufs 110 für das Internet". Verbandsvorsitzender Klaus Jansen sagte der "Rheinischen Post", dies sei notwendig, "um die Internet-Kriminalität in den Griff zu bekommen und die Sicherheit für die Nutzer zu erhöhen". So könnten "beispielsweise Aufrufe zu einem Amoklauf oder kinderpornografische Inhalte frühzeitig gemeldet werden". Die CDU begrüßt den Vorstoß. "Das ist eine Idee, die wir gründlich prüfen sollten", teilte der Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach der "RP" mit.
Neu ist der Vorstoß allerdings nicht. So hatte bereits Ex-Familienministerin Ursula von der Leyen einen "Erste-Hilfe-Knopf" für das Internet angeregt und auch innerhalb des so genannten "White-IT"-Projektes, an dem neben dem niedersächsischen Innenministerium der Provider-Verband Eco e.V. beteiligt ist, wird die Idee verfolgt. Von dort lässt sich ein "Jetzt löschen"-Add-on gegen Kinderpornografie für Mozilla Firefox und Microsoft Internet Explorer bereits herunterladen und benutzen. Auf Knopfdruck erfolgt dann die anonyme Meldung der aktuellen Seite an die Beschwerdestelle des Eco, die den Hinweis überprüft. Dabei ist sie laut eigenen Angaben höchst erfolgreich: In der Mehrzahl der Fälle gelingt die Löschung von Missbrauchsmaterial innerhalb weniger Wochen, oft schon nach Tagen.
Der BDK arbeitet für sein "Web-Patrol" genanntes Projekt mit der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) zusammen. In der Projektgruppe arbeiten außerdem das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), die Deutsche Hochschule der Polizei sowie mehrere kommerzielle Sicherheitsunternehmen wie Serco und Lotum mit.
Die praktische Umsetzung soll in Form eines zusätzlichen Knopfs im Browser erfolgen - vermutlich ähnlich dem "Jetzt löschen"-Add-On von "White-IT". Dessen Betätigung setzt dann eine automatisch generierte Meldung "an eine Clearing-Stelle" ab. Diese soll 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche besetzt sein. Außerdem ist der Aufbau eines "Web-Patrol"-Webportals geplant, in dem über das Projekt informiert wird, das Sicherheitstipps bietet und das ebenfalls eine Meldefunktion für Illegales enthält.
Eine gewisse Aversion gegenüber dem freien Netz kann man dem BDK in seiner Beschreibung von "Web-Patrol" allerdings unterstellen: "Aufgrund ungefilterter Internetzugänge sind aber auch Inhalte wie Pornographie, Pädophilie, Islamismus, Rechts- und Linksextremismus, Terror und vieles mehr für Kinder und Jugendliche frei verfügbar." Verbandschef Jansen hatte in Interviews insbesondere die "fehlende Begrenzbarkeit der Inhalte und der Verfügbarkeit" beklagt; sein Verband begrüßt die umstrittene Vorratsdatenspeicherung und die derzeit wieder in der Diskussion befindlichen Internet-Sperren ("Löschen und Sperren").
Laut BDK ist das "Web-Patrol"-Projekt zunächst auf "Kinderpornografie, radikales Gedankengut, Chatinhalte mit Ankündigungen von Suizid/Amoklauf" sowie "verbale/sexuelle Belästigung innerhalb von Chatrooms" konzentriert. Falls urheberrechtliche Merkwürdigkeiten hinzukommen sollten, hätten User den Knopf bis Donnerstagmittag ironischerweise auf der Seite der Kriminalbeamten selbst betätigen müssen: Dort war als Logo für "Web-Patrol" ein Schattenriss der Copyright-geschützten Comic-Figur "Silver Surfer" verwendet worden, wie das Blog "Nerdcore" entdeckt hatte.
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