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Parteitag der FDPMut machen mit der Steuerfrage

Die FDP leidet unter ihrem Koalitionspartner. Umso mehr will sie auf ihrem Parteitag am Wochenende Standfestigkeit in der Steuerfrage demonstrieren.

Auf der Suche nach Themen: Christian Lindner im Parteitagssaal in Köln. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer einen Koalitionspartner wie die Union hat, der braucht keine Feinde. Diese traurige Lehre macht derzeit wiederholt die FDP. Sie müht sich, im Streit über Zeitpunkt und Höhe von Steuersenkungen standhaft zu wirken. Doch kurz vor Beginn des FDP-Parteitags an diesem Wochenende haben Unionspolitiker die Freidemokraten zur Abkehr von ihren Steuerplänen aufgefordert.

"Solange der eigene Haushalt nur mit der Aufnahme neuer Schulden finanziert werden kann, können wir die Steuern nicht senken", sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) dem Handelsblatt. Böhmer, 74, wird im kommenden Jahr seine Politkarriere beenden. Deutliche Worte fallen ihm da besonders leicht.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) kritisierte die FDP-Vorschläge zur Gegenfinanzierung der Steuerreform. Ein Ausstieg aus der Steinkohlesubvention gefährde die Einigung auf ein sozialverträgliches Auslaufen des Bergbaus im Jahre 2018, sagte Müller.

FDP im Umfragentief

Die FDP und ihr Parteichef Guido Westerwelle bleiben auch kurz vor Beginn des Bundesparteitags am Wochenende im Umfragetief. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die FDP auf acht Prozent, wie die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer ermittelte. In der Messung der aktuellen politischen Stimmung liegt die FDP unverändert bei sechs Prozent. Westerwelle ist Schlusslicht auf der Beliebtheitsskala der zehn wichtigsten Politiker.

Steuerentlastungen trotz der hohen Verschuldung Deutschlands halten laut dem Politbarometer nur noch 33 Prozent für richtig. Ablehnend äußerten sich 61 Prozent. Lediglich die Anhänger der FDP sprechen sich mehrheitlich für Steuererleichterungen aus. An diesem Wochenende will die Partei auf dem Parteitag in Köln ihr reduziertes Steuerentlastungskonzept verabschieden. (apn)

Die FDP hofft indes auf eine Einigung im Steuerstreit mit der Union. Finanzexperte Hermann Otto Solms bezeichnete es als "völlig ausgeschlossen", dass es über die geforderten Steuereinsparungen von noch 16 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode zum Koalitionsbruch kommen könne. Wenn es im nächsten Jahr wieder auf die nächste Bundestagswahl zugehe, "werden die Unionsparteien Steuersenkungen genauso fordern wie wir", sagte Solms.

Der FDP-Parteitag in Köln dient vor allem dazu, kurz vor der Landtagswahl in NRW Stimmung für die arg angeschlagene Partei zu machen. Derzeit liefern sich CDU/FDP und SPD/Grüne laut Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Zeitgleich zur FDP veranstalten die Grünen einen Kleinen Parteitag. Auch dort wird es vor allem darum gehen, Stimmung vor der NRW-Wahl zu machen.

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2 Kommentare

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  • J
    jps-mm

    Schauspieler Westerwelle: Guido von der Rolle

     

     

    Am Wochenende ist FDP-Parteitag: Außenminister Guido Westerwelle soll der Partei Mut machen – dabei hat er sich selbst noch nicht gefunden.BERLIN - Es will einfach nicht klappen. Für einen Kostümwechsel hielt Guido Westerwelle die Bundestagswahl. Raus aus dem ruppigen Oppositionsmantel, rein ins Außenminister-Jackett. Aber es knirscht auf der Bühne. Der Schauspieler Westerwelle ist ein halbes Jahr im Amt und hat seine Rolle noch immer nicht gefunden, die Buh-Rufe werden immer lauter. Am Freitag begann in Köln der Parteitag der FDP. Westerwelle wird am Sonntag reden und eine Steuerreform beschließen lassen, die außerhalb der FDP längst keiner mehr will, und an die ohnehin keiner mehr glaubt.

     

    Der Wahlkampf war sein Leben. Auf den Marktplätzen versprach er 35 Milliarden Euro Steuersenkungen, allen Warnungen zum Trotz, die Haushaltslage würde das nicht hergeben. Er blieb stur, holte für die FDP ein Rekordergebnis, stemmte Schwarz-Gelb. Es hieß, Westerwelle würde bald auf der Beliebtheitsskala in die Höhe klettern. Wie alle Außenminister zuvor.

     

    Aber heute ist Westerwelle der Spitzenpolitiker mit den schlechtesten Werten: Mit minus 1,1 beziffert das aktuelle Politbarometer seine Popularität, der letzte Platz knapp hinter Gregor Gysi.

     

    Erst das Steuer-Geschenk für die Hoteliers. Dann das Ablenkungsmanöver, als er einen Rhetorik-Krieg gegen Hartz-IV-Empfänger startete. Einem Oppositionsführer hätte man das verziehen, einem Außenminister nicht. Als nächstes kam der Vorwurf, Westerwelle habe auf Staatsbesuchen Familienmitglieder mitgenommen – zu deren Geschäftsinteressen. Die Umfragen funkten jeden Monat schlechtere Nachrichten – für ihn selbst und für seine Partei.

     

    Die FDP ist abgestürzt. Nur noch acht Prozent würden sie wählen, schon wieder minus einen Prozentpunkt, meldete gestern das Politbarometer. Viele kreiden ihr an, Wahlversprechen zu brechen: Das aktuelle Steuerkonzept hat die Entlastungen zusammengestrichen. Generalsekretär Christian Lindner, der am Wochenende in Köln auch offiziell gewählt wird, muss erklären, man habe erst in der Regierung richtig von der Lage der Staatsfinanzen erfahren.

     

    Ganze zwei Prozent der Deutschen glauben noch an Steuersenkungen, 61 Prozent halten sie sowieso für falsch, ergab eine neue Umfrage. Selbst unter FDP-Anhängern wackelt die Zustimmung, 52 Prozent sprechen sich noch für Entlastungen aus. Wieder mal ein Wochenende der Rollenwechsel.

     

    http://www.abendzeitung.de/politik/181261

  • SI
    Standfest in den Untergang

    Wie welt- und realitätsfremd ist doch diese Partei geworden. Die Wähler - allen voran die in NRW - haben die Steuersenkungsversprechen der FDF längst als "übliche" Wahlkampflügen akzeptiert, weil sie sehr genau wissen, dass sie nicht zu finanzieren sind. Die FDP dagegen beharrt wie ein störrischer Esel auf das einmal gegebene falsche Versprechen.

     

    Unnötigerweise hat sie sich auch noch selbst das Ei der mehr als unnötigen Mehrwertsteuererleichterung für die Hotelerie ins Nest gelegt, das sich prompt als Schuss in den Ofen erwiesen hat. Jedenfalls wurde sie nicht wie vorgesehen an die Übernachtungskunden weitergegeben.

     

    Die FDP glänzt nur noch durch Fehleinschätzungen und Selbstüberschätzung.

    Jetzt Standfestigkeit in der Steuerfrage zu demonstrieren, ist das falsche Signal und kann zum Absturz in NRW führen.

    Die Partei und ihr Vorsitzender Westerwelle haben in den vergangenen Monaten eindrucksvoll bewiesen, dass sie weder Koalitionswillig noch regierierungsfähig sind.