Sanktionen gegen Syrien: Kein US-Botschafter für Damaskus

Die angebliche Lieferung von Scud-Raketen an die libanesische Hisbollah führt zu Spannungen zwischen den Regierungen in Washington und Damaskus. Beweise liegen bisher nicht vor.

Bleibt bei der Linie seines Vorgängers George W. Bush: Obama erneuert Sanktionen gegen Syrien. Bild: reuters

KAIRO taz | Eine Normalisierung der Beziehungen zu Syrien hatte US-Präsident Barack Obama bei seinem Amtsantritt in Aussicht gestellt. Doch anstatt, wie im Februar angekündigt, erstmals wieder einen US-Botschafter nach Damaskus zu entsenden, hat Obama nun die US-Sanktionen gegen Syrien erneuert. Damaskus unterstütze terroristische Gruppierungen und versuche Massenvernichtungswaffen in seinen Besitz zu bringen, rechtfertigte er diesen Schritt.

"Syrien stellt weiterhin eine besondere Bedrohung gegen die Sicherheit und die Politik der USA dar", heißt es in einer Botschaft an den US-Kongress. Obama merkte aber auch an, dass Syrien Fortschritte dabei gemacht habe, das Einsickern ausländischer Kämpfer in den benachbarten Irak zu unterbinden.

Die US-Sanktionen gegen Syrien waren von Obamas Vorgänger George W. Bush vor sechs Jahren verhängt worden. Sie legen ein Exportverbot für alle US-Waren fest und von Gütern, in denen sich mehr als zehn Prozent US-amerikanischer Komponenten befinden. Obama hatte Robert Ford als neuen Botschafter in Damaskus bestimmt. Doch dessen Ernennung wurde bisher nicht vom US-Senat bestätigt.

Der Erneuerung der Sanktionen vorausgegangen war, was arabische Medien als "eine stille Krise" zwischen Washington und Damaskus beschrieben haben. Grund ist der Vorwurf an Syrien, Scud-Raketen an die militante schiitische Hisbollah im Libanon geliefert zu haben. Israels Präsident Schimon Peres sprach von dieser Scud-Lieferung erstmals öffentlich bei einem Besuch in Paris am 13. April, nannte aber keine Beweise. Damaskus stritt die Lieferung vehement ab und beschuldigte die israelische Regierung, mit der Behauptung nur von dem Siedlungsbau auf besetztem arabischem Gebiet ablenken zu wollen.

Doch die Obama-Regierung machte sich den Vorwurf an Damaskus schnell zu eigen. Ein Sprecher des Weißen Hauses sprach von "einer wachsenden Sorge, dass komplizierte Waffensysteme geliefert worden sein könnten". Kurz darauf war der syrische Botschafter in Washington, Suhair Dschabbur, einbestellt worden, um über das "provokative Verhalten Syriens" und "ein Ende der Waffenlieferungen an die Hisbollah" zu sprechen.

Dennoch blieb Washington vage, wenn es um den konkreten Vorwurf der Scud-Lieferung ging. Namentlich nicht genannte Regierungsbeamte wurden in der Presse dahingehend zitiert, man glaube nicht, dass die Scuds bereits geliefert wurden. US-Vizeaußenminister Jeffery Feltman weigerte sich am 21. April, vor einem Kongressausschuss zu erklären, ob er Beweise habe, die die Lieferung bestätigen.

Die Scud-Affäre könnte auch Teil von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Obama-Regierung über den weiteren Umgang mit Syrien sein, mutmaßen arabische Medien. Einige US-Regierungsbeamte wollten den Normalisierungsprozess mit Syrien verlangsamen und arbeiten daran, die angeschlagenen Beziehungen zwischen Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu reparieren, wird dort spekuliert.

Das US-Außenministerium steht in der Frage der Entsendung eines Botschafters nach Damaskus klar unter Druck. Andernfalls würde es sich nicht veranlasst fühlen zu betonen, dass es sich bei der Entsendung nicht um "eine Belohnung", sondern um "ein Instrument" handele, diplomatische Kanäle zu öffnen.

Es wird angenommen, dass die Hisbollah im Besitz von M-600-Raketen ist, einer umgebauten syrischen Version der iranischen Fateh-110 mit einer Reichweite bis zu 280 Kilometern. Daher stellen Militärexperten die Frage, warum die Hisbollah an Scud-Raketen interessiert sein soll, die doppelt so groß und schwerer zu schmuggeln sind. Die Scud-Raketen mit ihrem flüssigen Treibstoff brauchen länger bei der Vorbereitung für einen Angriff und sie benötigen eine Abschussrampe, die größer als die Scud-Rakete selbst ist.

Die Hisbollah selbst spricht nicht über militärische Details. Deren zweiter Mann, Naim Qassem, hat die Lieferung weder bestätigt noch abgestritten. "Kritik an unseren Waffenkäufen geht an uns vorüber wie ein leichter Regenschauer."

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